„Mandat gegen Zigeuner und Gesindel“ (30. Oktober 1721)

Kurzbeschreibung

Dieses Mandat aus Kurtrier verweist auf die negativen Vorstellungen, die man mit „Zigeunern“ verbunden hat. Der Begriff der „Zigeuner“ wurde geradezu zum Synonym für „umherziehendes Volk“, das man mit allen möglichen Verbrechen in Verbindung brachte. Ein dementsprechend rigides Vorgehen im Sinne drakonischer Strafen erschien daher das angemessene Mittel zu sein: Neben den damals weit verbreiteten Warntafeln, die sich an die Zigeuner selbst richteten, waren Mandate (= Anweisungen, Befehle) an Straßen und an Türen angebracht. Sie enthielten Vorgaben, wie mit „dergleichen Dieb- Mord- und Raub Gesind“, als das man die „Zigeuner“ oft bezeichnete, zu verfahren sei und trugen auf diese Weise das Ihre dazu bei, das negative Bild der „Zigeuner“ in der deutschen Bevölkerung weiter zu tradieren.

Quelle

Es ist aller Orths zum Überfluß bekannt/besagen es auch die vor und nach im Ertz-Stifft verkündet – und zu Jedermanns Nachricht zum Druck befördert – forth hin und wieder auf offenen Land- und gemeinen Strassen/auch denen Stadt-Thoren angeschlagen gewesene Chur- und Land-Fürstliche Verordnungen Ihres breiteren Inhalts/auß was für drifftigen Ursachen es die ohnumbgangliche Nothdurfft mehrmalen erfordert habe/zu Außhaltung des leichtfertigen Zigeiner und sonstigen dergleichen herrloßen bösen Gesindels ein und anderes heylsamlich verordnen/also daß dadurch von einiger Zeit her die damahls angehoffte Ruhe und Sicherheit zu des getrewen Unterthans etwahiger Sicherheit und Beruhigung gutermassen zu vermercken gewesen: Nachdermahlen aber Ihrer Churfürstl. Durchleucht etc. Unserem gnädigsten Herren der vielfältig wiederholter unterthänigst pflichtgemäßer Bericht nun auffs new geschehen auch geklaget worden/was gestalten obbemelter massen verscheidentlich erlassener scharffer Mandaten ohnerachtet die Zeigeuner und dergleichen Volck jedannoch (fort)hin in denen Ertz-Stifftischen Landen sich einfinden liesse/und allerhand Diebställ/Raub und schädlichen Brands sich verdächtig mache; Höchstgedachter Ihrer Churfürstl. Durchleucht aber Dero Landen von dergleichen Dieb- Mord- und Raub Gesind möglichster Dingen ein vor allemahl gesauber gnädigst wissen wollen; Als verordnen auch Dieselbe nach lönlichen Exempel deren benachbarten Crayß und Herrschaften gnädigst und befehlen ernstlich hiemit/daß sothanes hin und wieder im Ertz-Stifft eingeschlichen und zu dessen gröster Betruckung/Angst und Bekümmernuß darin sich verhaltendes Ruchloßes Volck ohne Anstand/ mit zusamen gesetzten Kräfften und gewaffneter Hand wider herauß getrieben/und fals sich hernach jehmand von dergleichen Gesindel Männ- und Weiblichen Geschlechts/oder von deren Anhang ferner betretten lassen sollte/jedes Orths Vorsteher solche sogleich gefänglich einziehen: da aber die Trouppe etwa in der Anzahl zu starck seyn sollte/auff die Glocken schlagen lassen/und mittels ihrer benachbarten Hülff in ein- oder anderem Dorff und Ambt solchenfals sich zusammen thun und also mit gemeinsamen Kräfften unter Vermeidung ohnauspleiblicher arbitrari Straff sich trewlich beystehen/sonderlich aber jedes Orths Beambte hierunter eiffrige Sorg tragen/auch zu solchem Ende mit denen Benachbarten/wie das Werck am besten einzurichten und gesichert außzuführen seyn möge/förterlich communiciren/fort dergleichen zum andermahl betrettendes Zigeiner und frembdes Herrnloßes Gesindel als dan zu Ausschwöhrung einer Urpfäde/daß sie des Ertz-Stiffts Landen nimmermehr betretten/wiedrigens mit Leib- und Lebens Straff gegen sie verfahren werden solle/ so gleich anhalten lassen/fals aber sie gegen solche außgeschwohrene Urphäde sich wieder einfinden/und ergriffen werden/durch nächst aangelegene des Ends Nachrichter ohne Form einigen Processus auffgehangen werden sollen/inmaßen dan auch/wie es zu dieser Ruchlosen Leuthen besserer Verwahrung auch Kundmachung solch ihnen ernstlicher angedrohter Bestarffung vorhin beobachtet worden/auff denen Gräntzen und gemeinen Strassen besondere Stöcke mit Exprimierung sothaner Starffen auff einem darauff hefftenden Blech auffgerichtet/auch wie dieses mittels vorheriger Communication mit denen benachbarten in der That bewürcket/weniger nicht gegenwärtiger genädigster Befelch aller Orths gebührend publiciret worden/binnen denen nächsten 14. Tagen nach dessen Empfang gehorsamst anhero berichtet werden solle. Urkund mehrhöchstgedachter Ihrer Churfürstl. Durchleuchtheirunter getruckten Cantzley Insiegels und des Secretarii gewöhnlicher Unterschrifft; Ehrenbreitstein in Consil. Aul. den 30. Octob. 1721

Ex Mandato
TH.MATT.SYRE.Secret.
L.S.

Quelle: Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg, Trierer Erzbischof und Kurfürst, Mandat gegen Zigeuner und Gesindel vom 30. Oktober 1721, Druck, LHA Koblenz, 1C, Nr. 1114, abgedruckt in Beate Althammer und Christina Gerstenmayer, Hrsg., Bettler und Vaganten in der Neuzeit. Eine kommentierte Quellenedition. Klartext: Essen 2013, S. 109f.

„Mandat gegen Zigeuner und Gesindel“ (30. Oktober 1721), veröffentlicht in: German History Intersections, <https://germanhistory-intersections.org/de/migration/ghis:document-61> [08.12.2024].