Tagebuch eines Söldners aus dem Dreißigjährigen Krieg (17. Jhdt.)

Kurzbeschreibung

Das Tagebuch eines „einfachen Soldaten“ aus dem Dreißigjährigen Krieg war ein wahrer archivalischer Glücksfund. Bis heute ist es das einzige aufgefundene Söldnertagebuch deutscher Sprache aus dieser Zeit. Es wurde zuerst 1993 veröffentlicht. Die Heere des Dreißigjährigen Krieges waren Söldnerheere. Männer kämpften für Geld und wechselten dabei mitunter mehrmals die Seiten, wobei die Konfession offensichtlich von geringer Bedeutung war. Im Kriegsverlauf zogen die Söldnerheere von einem Kriegsschauplatz zum anderen, meist waren ihre Frauen und Kinder im Tross ebenfalls bei ihnen. Ebenfalls mit ihnen unterwegs waren auch die verschiedensten Krankheiten, wie beispielsweise die Syphilis, die sich mit den Söldnerheeren ausbreiteten. Der Söldner Peter Hagendorf (1601/02-1679) berichtet in – für heutige Leser – geradezu lapidaren Worten von den Kriegsgräueln während eines Feldzugs der kaiserlichen Truppen in die Champagne.

Quelle

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Wie wir durch den Wald sind, kamen wir in die Champagne. An der Grenze entlanggezogen bis nach Bouillon, ist die Hauptstadt in Champagne. In diesem Land wächst der Rosmarin auf dem Feld wie die Heide in Deutschland, so daß die Leute mit den Stauden kochen und ihr Essen damit zu richten. Den 4. Juli sind wir an die französische Grenze gekommen und an einem Schloß vorüber gezogen. Darin sind 7 Bauern gewesen, die haben sich gegen die ganze Armee gewehrt. Also haben wir das Schloß angezündet und samt den Bauern verbrannt. Hier sind wieder 1000 Mann zu Fuß und 1500 zu Pferd vor ein Dorf kommandiert worden. Ich bin auch mit dabei gewesen. Da haben sich die Bauern in dem Kirchhof so mächtig gewehrt, daß wir ohne Kanonen nichts haben ausrichten können. Da sind wir wieder zurück, denn es sind 1000 Bauern darin gewesen. So haben wir das Dorf angezündet und lassen brennen. Den 7. Juli sind wir zu der spanischen Armee gekommen, die ist vor einer Festung gelegen, La Capelle. Da haben wir auch unser Lager geschlagen, auf der andern Seite. Den 8. Juli haben sie akkordiert. Darin sind gelegen 600 Franzosen, die haben wir lassen abziehen mit Sack und Pack und mit 3 Kanonen. Den 17. Juli sind wir vor die Festung La Câtelet gezogen, unser Lager geschlagen bei der Mühle. Mit Schanzen und Laufgräben zugebaut und beschossen, Tag und Nacht, da haben sie sich auch ergeben. Hier hat es einen schönen Feldbau, meistenteils Winterweizen. Den 25. Juli hat mein Weib einen Doppelrock aus Taft, den sie unterm Arm hatte, verloren, obwohl ich dabei gewesen bin. Den 26. sind sie abgezogen mit Sack und Pack und mit fliegender Fahne. Sind gewesen 500 Mann. Von hier sind wir gezogen nach Péronne. Ist eine schöne Stadt, aber wir haben sie lassen liegen. Hier ist der Franzose gekommen mit 40 000 Mann zum Paß. Wir sind auf dieser Seite des Passes gelegen. Da haben wir mit Kanonen zusammen gespielt. Den 2. August haben wir mit dem Feind 2 Schanzen mit stürmender Hand erobert, die habe ich helfen einnehmen. Von hier wieder weg, in der Nacht nach einem andern Ort. Da hat sich der Feind auch fortgemacht und in den Wald begeben. Das haben wir ausgekundschaftet. Da haben wir Kanonen auf den Wald gerichtet und da reingespielt, daß ihrer viele haben müssen darin sitzen bleiben. Es ist nur ein Wasser, 3 Piken breit, aber sehr tief, zwischen uns gewesen. Da hat sich der Franzose fortgemacht, und wir sind nach Corbie gegangen, eine mächtige Festung an dem Wasser. Als wir scharmützelt haben vor dieser Festung, ist mancher sitzen geblieben, Mann und Weib. Denn es ist eine Kanone darin gewesen, dieselbige haben wir nur den Weiberhund genannt. Auf einmal haben sie mit der Kanone, in der Hütte neben meinem Zelt, dem Mann und dem Weib frühmorgens alle 4 Füsse dicht am Arsch weggeschossen. Denn alle Schüsse haben sie mit dieser Kanone in unser Lager können schießen und haben großen Schaden getan. Den 16. August haben sie sich ergeben, denn wir sind mächtig auf ihn gedrungen und haben Feuer eingeworfen. Da sind sie abgezogen mit Sack und Pack, 2000 Mann.

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Quelle: Jan Peters, Hrsg., Peter Hagendorf-Tagebuch eines Söldners aus dem Dreißigjährigen Krieg. Herrschaft und soziale Systeme in der Frühen Neuzeit; Bd. 14. Göttingen: V & R Unipress, 2012, S. 114f.

Tagebuch eines Söldners aus dem Dreißigjährigen Krieg (17. Jhdt.), veröffentlicht in: German History Intersections, <https://germanhistory-intersections.org/de/migration/ghis:document-62> [05.12.2024].