Artikel aus dem Österreichischen Patentblatt (1902)

Kurzbeschreibung

Diese Meldung aus dem Österreichisches Patentblatt zitierte einen Artikel aus der konservativen preußisch-deutschen Kreuzzeitung darüber, wie das englische Warenzeichengesetz von 1887, das britische Käufer davon überzeugen sollte, dass deutsche Produkte minderwertig seien, den entgegengesetzten Effekt hatte. Hierbei ist interessant, dass unter den genannten Gründen der britische Glaube an die eigene industrielle Überlegenheit war.

Quelle

London. Die Bacon Curers Association in England hat gegen eine Anzahl englischer Kaufleute die gerichtliche Verfolgung eingeleitet, weil sie englische Waren mit der Angabe „made in Germany“ verkauften.

Diese Nachricht ist in den betheiligten Kreisen der deutschen Industrie viel bemerkt worden. Auch die öffentliche Meinung im Deutschen Reiche beschäftigt sich mit jener Klage, indem sie dieselbe als den stärksten Beweis für die Thatsache bezeichnet, dass die englische Merchandise Marks Act vom Jahre 1887 einen dem beabsichtigten Zwecke geradezu entgegengesetzten Er­folg gezeitigt hat.

So schreibt die „Kreuz-Zeitung“:

„Durch das Handelsmarkengesetz hoffte England, die Nachfrage nach fremden und be­sonders deutschen Waren wirksam vermindern und einen Schutz der heimischen Waren herstellen zu können.

Man hätte die gewünschte Wirkung auch erzielt, wenn man nicht von einer falschen Voraussetzung ausgegangen wäre. In England bestand damals ganz allgemein die Überzeugung, und sie ist vielfach noch heute anzutreffen, dass die englische Industrie die leistungsfähigste der Erde ist. Man stellte die nichtenglischen Waren, insbesondere die deutschen, als Plunder, Auswurf, schlechtes Zeug (german trash or rubbish) hin. Man übersah, dass in der Regel auf Veranlassung der englischen Zwischenhändler deutsche Waren in Menge nach England eingeführt wurden und einen englischen Stempel trugen, damit sie als englische verkauft werden konnten. In sehr vielen Fällen war die unlautere Concurrenz, die man in England treffen wollte, und die darin bestand, dass fremde Waren englische Inschriften trugen, erst von dem englischen Zwischenhandel hervorgerufen worden.

Inzwischen hat man den begangenen Irrthum erkannt. Das „made in Germany“, das abschreckend wirken sollte, wurde zu einer Empfehlung. Man schritt vor einigen Jahren zu einer Milderung des Gesetzes, das man anfangs streng und schroff gehandhabt hatte. An Stelle des „made in Germany“ „made in Austria“ u. s. w. begnügte man sich mit dem Vermerk „Foreign made“. Allein die Wirkung des „made in Germany“ als Empfehlung war nun einmal da.

Die deutschen Lieferanten hielten daran fest und förderten dabei ihr Interesse, und schliesslich benutzen sogar englische Fabrikanten unbefugt das „made in Germany“ als Reclame und machten den deutschen Fabriken unlautere Concurrenz, indem sie englische Waren mit dem Zeichen „made in Germany“ versahen.

Quelle: Österreichisches Patentblatt 4, Nr. 6 (1902), S. 250–51. Online verfügbar unter: https://hdl.handle.net/2027/nyp.33433015196896?urlappend=%3Bseq=356

Artikel aus dem Österreichischen Patentblatt (1902), veröffentlicht in: German History Intersections, <https://germanhistory-intersections.org/de/deutschsein/ghis:document-231> [06.12.2024].