Entwurf eines Gesetzes über den Umfang der Personensorge bei einer Beschneidung des männlichen Kindes (5. November 2012)

Kurzbeschreibung

2012 stufte ein deutsches Gerichtsurteil die Beschneidung eines muslimischen Jungen durch einen Arzt als Körperverletzung ein. Zwar sprach das Kölner Gericht den Arzt frei, doch die Entscheidung sorgte für heftige Proteste von Muslimen und Juden – auch weil das Urteil Rechtsunsicherheit schaffte. Der Bundestag verabschiedete in Eile ein Gesetz, das die Beschneidung von muslimischen und jüdischen Jungen erlaubt. Die Debatte um die Gewichtung, Abwägung und Einschränkung von Grundrechten – in diesem Fall Religionsfreiheit, Recht auf körperliche Selbstbestimmung und Unversehrtheit, Kindeswohl und auch Elternrecht – hat sich in den letzten Jahren nur verstärkt: vor allem Kinderärzte und Betroffene, die ihre Beschneidungen als traumatisch erlebt haben, kritisieren weiterhin lautstark das rechtliche Absegnen dieser religiösen und kulturellen Praxis.

Quelle

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs

Nach § 1631c des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der Fas- sung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), das zuletzt durch Artikel … des Gesetzes vom … (BGBl. I S. …) geändert worden ist, wird folgender § 1631d eingefügt:

㤠1631d

Beschneidung des männlichen Kindes

(1) Die Personensorge umfasst auch das Recht, in eine medizinisch nicht erforderliche Beschneidung des nicht einsichts- und urteilsfähigen männlichen Kindes einzuwilligen, wenn diese nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt werden soll. Dies gilt nicht, wenn durch die Beschneidung auch unter Berücksichtigung ihres Zwecks das Kindeswohl gefährdet wird.

(2) In den ersten sechs Monaten nach der Geburt des Kindes dürfen auch von einer Religionsgesellschaft dazu vorgesehene Personen Beschneidungen gemäß Absatz 1 durchführen, wenn sie dafür besonders ausgebildet und, ohne Arzt zu sein, für die Durchführung der Beschneidung vergleichbar befähigt sind.“

Artikel 2

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Quelle: Deutscher Bundestag, Drucksache 17/11295 17. Wahlperiode 05. 11. 2012. Gesetzentwurf der Bundesregierung. Entwurf eines Gesetzes über den Umfang der Personensorge bei einer Beschneidung des männlichen Kindes, https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/112/1711295.pdf.

Entwurf eines Gesetzes über den Umfang der Personensorge bei einer Beschneidung des männlichen Kindes (5. November 2012), veröffentlicht in: German History Intersections, <https://germanhistory-intersections.org/de/migration/ghis:document-120> [04.12.2023].