Generalprivileg von Christian IV, König von Dänemark (1641)

Kurzbeschreibung

Mit diesem im Jahr 1641 vom protestantischen König von Dänemark, Christian IV ausgestellten Generalprivileg, wurden den seit 1611 in Altona bei Hamburg lebenden Juden eine Reihe von Rechten gewährt, die ihre religiösen Riten wie ihren Status insgesamt betrafen. Allerdings gingen die Rechte wiederum mit einem Sonderstatus einher, der Juden beispielsweise zur Leistung einer Schutzgeldzahlung verpflichtete, von der jedoch kultische Funktionsträger wie beispielsweise Rabbiner ausgenommen waren. Kinder mussten ebenfalls kein Schutzgeld entrichten, solange sie „in sacris paternis“ (=“im väterlichen Gottesdienst/Kult“, d.h. in der väterlichen Gewalt) blieben. Schutzgeld vonseiten der Kinder wurde auch nach einer Verheiratung nur dann fällig, wenn die Familie der Verheirateten einen eigenen Hausstand gründete.

Quelle

1641 August 1
(August 11 n. St.)

Generalprivileg
Christian IV. für die hochdeutschen Juden in Altona.

Wir Christian der vierte von Gottes Gnaden zu Dennemark, Norwegen, der Wenden und der Goten König, Herzog zu Schleßwig Holstein, Stormann und der Dithmarischen, Graff zu Oldenburg und Delmenhorst p.

Tuen kund hiermit gegen mäniglich: Nachdem die zeithero zu Altenahe schutzverwandte juden umb confirmirung ihrer von voriger obrigkeit des orts genoßener privilegien und sicherheit undertänigst angehalten, daß Wir nach vorher eingeholeten bericht Unserer Pinnenbergischen beambten entlich ihrem suchen mit dieser condition, nemblich: wan sie zu schutz- gelt für eine jede Familie jerlich fünf reichstal[l] er entrichten, und solches zugleich auch diejenige, so in Hamburg wohnen – welchen dan hergegen freystehen soll, ihres gefallenß sich alda auch zu setzen, umbzugehen und niederzulaßen – mit ausßgeben wollten, [stattzugeben] gnädigst geruhet; nehmen sie darauf in Unsern königlichen special schutz und schirmb, auch sicher geleyt sambt weib und kind, gesindte und was ihnen mehr zugehorig, hiemit auf und an, benebenst confirmiren ihrezuvorgehabte privilegia, die dan des nachfolchenden ungefehrlichen inhalts (weil sie vom Grefflichen cammer secretario ad de novo confirmandum sollten abgefordert, nicht aber propter praeventionem mortis proxime defuncti comitis widerumb extradiret sein, wie berichtet gewesen), alß

1.Daß sie eine synagoge halten, ihren Gottesdienst nach jüdischen ritibus darin üben, auch ihren kirchhoff, darein auf judische weiße ihre toten zu begraben, halten mügen.

2. Daß solche ihre synagoge benebenst den Rabbi, vorsänger und schuldiener von aller pflicht und zulage entfreyet sein.

3. Daß ihre kinder, wan sie sich verheuraten, solange sie in sacris paternis bleiben, ebenmeßig des schutzes und freyheit zu genießen; so bald sie aber ihre famillen von den eltern separiren, alßdann absonderlich auch schutzgelt geben müßen.

4. Daß ihnen alle ehrliche hantierung von kaufen und verkaufen in allerhand handel zu exerciren, auch auf ihre weise zu schlachten vergönnet sey.

5. Daß judischen wuchers halber ihnen ein pfenning die woche von jeder mark zugelaßen, wohingegen sie die versetzte pfande jahr und tag den vorsatzern zum besten zu behalten schuldig; nach verfloßener jahrszeit aber, daferne die zinse nicht abgetragen, oder sonsten mit ihnen nicht accordiret wird, haben sie beim vogte zu Ottensen tag und datum, wanß ihnen zu pfande gebracht, anzugeben und den ver-pfandenern, wo sie in der nehe, die redemption anzumelden; dafern dann selbige innerhalb 6 wochen nicht erfolget, sey ihnen der verkauf erlaubet, und haben sie dem verpfander weiter zum pfande nicht zu antworten.

6. Wan sie vertrauete güter gekauft oder gelt darauf geliehen und selbige innerhalb 6 wochen wider besprechen überwiesen oder redtlich beargwohnet, jedoch gegen erstattung deß pretii oder pfandgeltes, ohne zinse dem besprecher zu restituiren.

7. Wie ingleichen, wan sie unwisentlich gestohlene güter gekauft oder darauf gelt geliehen, ihnen das pretium oder pfandgelt wieder zu geben; dafern sie aber der wiesenschaft überwiesen oder redtlich beargwohnet, haben sie ohn entgelt (die straffe Unß als der hohen obrigkeit darüber vorbehaltlich) daß gekauft oder vorpfandete guet zurück zu geben.

8. Mügen sie geringe und schlechte sachen under sich in ihrer sinagoge schlichten und vertragen ohne zutuen des voigts.

Und soferne 9. ihrer einer sich straffbar machte, daß derselbe allein gezüchtiget, die sämbtliche schutzverwandte aber, wan sie dessen nicht teilhaftig geworden, nicht bestraffet werden.

Wohingegen sie fürs 10. sich allerdings gelayt-, schied- und friedlich so wol under sich alß gegen jedermeniglich, insonderheit aber gegen Unß, gehorsambst zu verhalten, unser bestes zu wiesen und zu befordern, schadten und nachteil aber mügligst abzuwenden, sodan jerlich ihr schutzgelt, ein jeder für sich zu rechter bestimbter Zeit, alß auf Ostern, zu bezahlen und abzustatten.

Gestalt sie dan auch zum beschluß und fürs 11. keinen frembten juden, so nicht mit ein schutzverwandter, ohne vorwißen Unserer beambten bey sich zu gedulden oder über 14 tage, bey wilkürlicher straffe, zu beherbergen, weniger daß selbigen zugelaßen sey, daselbst sich aufzuhalten oder handel und hantierung zu treiben. Diese abgesetzte puncten sambt und sonder tuen wier, wie obberust, praesitis praestandis ihnen, soweit sie bey zeit vorigen Graffen regierung ihnen also concediret und eingeraumbt geweßen, auch wieder nicht, craft dieses gnädigst anderweit confirmieren, bekreftigen und bestettigen; befehlen auch auf solchen fall Unseren beambten, so jetzo oder künftig des ortes sein, daß sie dabei biß an Unß erwehnte juden cräftiglich handhaben, schutzen und vertretten sollen, sonder gefehrde.

Uhrkundlich under Ihr. Kön. Maytt. hantzeuchen und secret. Geben auf Unserm hauße Glücksburg am 1. Augusti Anno etc. 1641.

Quelle: Günther Marwedel, Hrsg., Die Privilegien der Juden in Altona (= Hamburger Beiträge zur Geschichte der deutschen Juden 5). Hamburg, 1976, S. 134-39.

Generalprivileg von Christian IV, König von Dänemark (1641), veröffentlicht in: German History Intersections, <https://germanhistory-intersections.org/de/migration/ghis:document-95> [06.12.2024].