Hans Staden, Wahrhaftige Historia (1557)

Der hessische Soldat Hans Staden (um 1525-nach 1558) berichtet in seiner „Warhaftigen Historia“ von seinen zwei Reisen von Portugal bzw. Spanien nach Brasilien, Besitz der portugiesischen Krone. Staden schilderte, wie er während seiner zweiten Reise 1549 in der Nähe der portugiesischen Festung São Vicente von „Wilden“, Tupinambá, überfallen, verletzt und verschleppt wurde. Seine neuneinhalbmonatige Gefangenschaft sei geprägt gewesen von der ständigen Angst, getötet und gefressen zu werden. Der beigefügte Holzschnitt ist eine Mischung aus Karte und Vogelschau: Inmitten stilisierter indigener Hütten ist Staden von tanzenden Frauen umringt, die ihn zuvor zum Platz geleitet haben (im Hintergrund erkennbar). Wie in allen Abbildungen ist der Europäer sofort am Vollbart erkennbar. Dieser Holzschnitt war formativ für das Bild, das gebildete Lesekundige sich von „Wilden“ machen würden: nackte indianische Frauen, die um einen von ihnen entkleideten Europäer tanzen und ihn bedrohen.

In einem späteren Teil des Berichts bringt ein französischer Händler Staden in Gefahr, da er den Tubinambá rät, Staden zu töten, da Staden nicht Franzose, sondern Portugiese sei. Im Gegensatz zu den Franzosen waren die Portugiesen mit den Tubinambá verfeindet. Bemerkenswert ist, dass hier die Konfliktlinie nicht zwischen „Europäern“ und „Indigenen“ verläuft, sondern zwischen europäischen Migranten.

Ein besonders reges Nachleben hat Hans Staden im Comic und in der Jugendliteratur: Nicht nur in Deutschland erschienen mehrere vereinfachte und gekürzte Lesefassungen, auch in Brasilien hat insbesondere die Fassung von Monterio Lobato aus dem Jahre 1927 ein großes Publikum erreicht. Ein früher Comic zu Stadens Reisen ist in den 1981 nach französischer Vorlage erschienen Comic „Die Eroberung der Welt – Wie unser Erdball von mutigen Männern entdeckt wurde“ eingegangen.