Völkertafel (18. Jahrhundert)

Kurzbeschreibung

Der Augsburger Kupferstecher Fridrich Leopold stellte zwischen 1718 und 1726 seine „Aigentliche Vorstell- und Beschreibung der Fürnehmsten in Europa befindlichen Land-Völcker“ her. In Augsburg verkehrten Menschen aus vielen Teilen der bekannten Welt, einheimische Christen verehrten Afra, eine im 4. Jahrhundert zugewanderte Christin aus Zypern. Wenige Jahre später kopierte der unbekannte Maler dieses Ölgemäldes die Schautafel. Der Maler lebte in der Steiermark, der Kontaktzone zwischen Menschen südslawischer und südostdeutscher Dialekte sowie, in kleineren Zahlen, Menschen magyarischer Sprache. Deshalb wird manchmal die Bezeichnung „steirische Völkertafel“ verwendet. Das Gebiet durchzogen Straßen von und zum Balkan, über Pettau – und später auch über Wien – nach Ungarn. Italienische Kaufmannsfamilien siedelten sich dort ebenso an.

Unter der Überschrift „Kurze Beschreibung der In Europa Befintlichen Völckern Und Ihren Aigenschafften“ werden in Spalten zehn Männer, die Völker oder Nationen repräsentieren sollen, dargestellt mit zugeschriebenen Eigenschaften tabellarisch darunter. Aufgeführt sind (v.l.n.r.) südwest- und westliche, „Spanier“, „Frantzoß“, „Wælisch“, dann – mitteleuropäisch – „Teutscher“, und west- und nordeuropäisch, „Engerländer“, „Schwœth“, „Boläck“, „Unger“, „Muskawith“, sowie südeuropäisch, „Tirk oder Griech“.

Das Gemälde bietet eine visuelle Zusammenfassung von Urteilen und Vorurteilen über Ausländer (d.h. ausländische Männer, da Frauen in diesem Werk nicht vorkommen). Vermutlich beruhte die Bildsprache auf dem, was der Kupferstecher und der Maler über Ausländer dachten und was ihre Zeitgenossen über andere Völker und Nationen dachten—oder denken sollten. Möglich ist auch, dass sowohl der Kupferstecher als auch der Maler wussten, dass die Bedienung von Klischees profitabel sein konnte. Ausgangspunkt der Darstellung scheint zu sein, das Deutsche besser als alle anderen sind.

Quelle

Quelle: „Kurze Beschreibung der In Europa Befintlichen Völckern Und Ihren Aigenschafften“; genannt „Völkertafel“ oder „Steirische Völkertafel“. Volkskundemuseum Wien, Signatur: ÖMV/30.905. Online verfügbar unter: https://volkskundemuseum.at/onlinesammlungen/oemv30905

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Völkertafel (18. Jahrhundert), veröffentlicht in: German History Intersections, <https://germanhistory-intersections.org/de/migration/ghis:image-98> [30.11.2023].