Einblattdruck über den „Elektrisierer“ Martin Berschitz (1789)

Kurzbeschreibung

Im achtzehnten Jahrhundert waren öffentliche Vorführungen naturwissenschaftlicher Phänomene (insbesondere der Physik) beim Publikum äußerst beliebt. Umherziehende „Elektrisierer“ wie Martin Berschitz (oder Berschütz oder Bergschütz, ca. 1750–1800), die durch den deutschen Sprachraum reisten, verdienten ihren Lebensunterhalt mit elektrischen Experimenten für die Öffentlichkeit—zeitweise sogar für Fürsten und andere hochrangige Personen.

Dieses von Berschitz produzierte Flugblatt verspricht die Demonstration von Elektroschocks, positiver und negativer Elektrizität (ein neu entdecktes Phänomen) sowie das Schmelzen und Zerstören von Materialien von Glas bis Papier. Im Rahmen seiner Shows demonstrierte Berschitz auch die Nützlichkeit eines Blitzableiters oder „Donnerhauses“, experimentierte mit „entzündbarer Luft“ (Wasserstoff) und versuchte, Schießpulver unter Wasser zur Explosion zu bringen.

Quelle

Mit gndigster Erlaubniß wird hiemit bekannt gemacht, daß allhier Herr Martin Berschitz angekommen, welcher wegen seinen mechanischen und physikalischen Kunststcken schon lange berühmt, und deswegen auch von den vornehmsten deutschen Hfen und Attestaten und Privilegien versehen ist. Und gleichwie er mit seinen schönen Maschinen, und damit anzustellenden Experimenten schon viele fürstliche Personen belustiget hat; so schmeichelt er sich, auch hiesigen Orts durch seine Geschicklichkeit und Fleiß, den Beyfall seiner respektive Zuschauer und Gnner zu erwerben.

Seine Experimente beziehen sich auf alle physikalische Experimente. Nebst den gewöhnlichen Experimenten ber die Elektrizität, welche er mit einer vorzglich starken Maschine anstellt, ist er auch mit dem seit wenigen Jahren bekannt gewordenen Elektrophor versehen. Er zeigt alle Versuche ber den elektrischen Schlag, die positive und negative Elektrizitt, das Einschmelzen der Metallen und Glas, und andere Materien; das Verbrennen und Zerstren derselben zwischen Holz, Papier, Seide etc. das Verkalken und Einschmelzen des Goldes, das Aufschmelzen goldner Figuren und Buchstaben auf Glas, Leinwand, Papier und andern Stoffen. Des berühmten Herrn Franklins Theorie von der Elektrizität wird er durch eine besondere Maschine und Experiment deutlich vor Augen stellen.

Ferners wird ganz einleuchtend gezeigt die Aehnlichkeit der elektischen Materie, und ihrer Erscheinungen mit der Elektrizitt der Luft oder Gewittermaterie, und ihrer Wirkungen. Er ist zu diesem Ende versehen mit dem unlängst in England erfundenen sogenannten Donnerhaus, wodurch der wichtige Nutzen eines sogenannten Konduktors – oder Strahlableiters augenblicklich gemacht, und gewiesen wird, daß der Strahl, welcher oben in einem Gebäude einschlägt, ohne Schaden in den Erdboden einfahre, und sich daselbst verliere, wenn er durch eine metallene Stange oder Kette geleitet wird, daß er dem Metalle nachfolge, so lange er sich an dem Metalle halten kann, nun sich wieder daran werfe, wenn er dergleichen in der Nähe findet; daß aber Zerschmetterung eines Gebäudes erfolge, sobald die metallene Leitung unterbrochen wird, und der Strahl wegen mangelnder Kommunikation berspringen, oder in unmetallische Körper hinübergehen muß.

Durch ein eigenes Experiment wird man sehen, wie eine Degenklinge ohne Verletzung der Scheide, durch den Strahl schmelzen könne.

Bey Anlaß der elektrischen Versuche, und um besonders von der schnellen Wirksamkeit des elektrischen Feuers bewunderungswrdige Beweise zu geben, stellt er auch vor die Versuche mit der entzndbaren Luft, welche theils als faule Luft aus morastiger Erde, aus Sumpfen, Kloacken u. d. gl. aufsteiget, und gesammelt, oder aber aus verschiedenen Metallen abgesondert, und aufgefangen wird. Diese Arten von Luft fllt, unvermischt er zu besonderen Anwendungen in allerhand Gefässer und Maschinen, in Flaschen, Kugeln, Kanonen; er zeigt verschiedene Arten, dieselben zu entzünden, durch einen gewhnlichen elektrischen Funken, mit einem seidenen Strumpf, Wasser, und auch unter dem Wasser, und macht, daß die Entzündung nicht nur mit lebhafter Flamme, sondern auch mit heftigem Knalle von statten geht, und andere Krper geschwinder, als durch sonst ein Feuer oder Licht, entzündet werden. Das elektrische verstärket er so sehr, daß man an einem kalten Metalle, oder an einem menschlichen Krper Schwamm oder Zunder abbrennnen kann. Auf Begehren, oder wo die Gelegenheit es erlaubt, zndet er Pulver unter Wasser an, und zeigt, daß auf solche Art mit wenigem Pulver ganz ausserordenliche und entsetzliche Wirkungen hervorzubringen seyen. Kanonen werden von selbst losbrennen, Soldaten auf einander schiessen, Beleuchtungen von vielen tausend Lichtern entstehen; den Blitz, das Wetterleuchten, und wie der Himmel dadurch sich abkhlet, wird man ganz natrlich nachgeahmt sehen. Vieler anderer merkwrdiger, und belustigender Experimente nicht zu gedenken.

Quelle: Einblattdruck über den „Elektrisierer“ Martin Berschitz und seine mechanischen und physikalischen Kunststücke (1789); abgedruckt in Oliver Hochadel, Öffentliche Wissenschaft: Elektrizität in der deutschen Aufklärung. Göttingen: Wallstein, 2003, n.p.

Oliver Hochadel, „Die Fußtruppen der Aufklärung: umherziehende Elektrisierer im 18. Jahrhundert,“ in Kulturen des Wissens im 18. Jahrhundert. [Beiträge zur Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für die Erforschung des 18. Jahrhunderts ... Herbst 2006 ... Wolfenbüttel], herausgegeben von Ulrich Johannes Schneider. Berlin [u.a.]: De Gruyter, 2008, S. 329–37.

Oliver Hochadel, „The Sale of Shocks and Sparks: Itinerant Electricians in the German Enlightenment“, in Science and spectacle in the European Enlightenment, herausgegeben von Bernadette Bensaude-Vincent. London: Routledge, Taylor & Francis Group, 2016, S. 89–101.

Eine weitere öffentliche Bekanntmachung befindet sich in der Augspurgische Ordinari Postzeitung (Nr. 149, 24 Juni 1789). Online verfügbar bei DigiPress/BSB: https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00603_u001/3?cq=berschitz

Einblattdruck über den „Elektrisierer“ Martin Berschitz (1789), veröffentlicht in: German History Intersections, <https://germanhistory-intersections.org/de/wissen-und-bildung/ghis:document-182> [01.12.2023].