Deutsche Körper in fremdem Klima: Felix Fabri, Wanderungen (1486)

Kurzbeschreibung

Felix Fabri (1441–1502), ein Dominikanermönch, der in den 1480er Jahren zweimal von Ulm ins Heilige Land reiste, verfasste zur Erbauung seiner Mitbrüder einen Bericht über seine Reise. Darin ging er davon aus, dass die Körper durch das Klima ihrer Heimat so stark geprägt waren, dass diese Unterschiede für Tiere spürbar seien und vor allem an bestimmten fremden Orten gesundheitliche Folgen hätten. Sein Text zeugt nicht nur von einer weit verbreiteten Übernahme medizinischer Vorstellungen über Körper und Klima, sondern trug aufgrund seiner Popularität auch dazu bei, diese Vorstellungen in der gesamten frühen Neuzeit zu festigen und zu verbreiten.

Quelle

[] Auch kam uns die übrige Familie entgegen und grüßte uns und drängte sich auf und ließ zu erkennen, dass sie uns helfen wollte. Denn das ganze Haus, der Gastgeber und die Gastgeberin, alle Diener und Mägde sprachen Deutsch, und man hörte in jenem Haus kein Wort auf Italienisch. Dies erfreute uns besonders, weil es sehr mühsam ist, mit Menschen zusammenzuwohnen, mit denen man nicht reden kann.

Als wir reinkamen, kam uns schließlich ein Hund entgegen – der Wächter des Hauses –, und er war groß und schwarz und zeigte mit dem Wedeln seines Schwanzes, dass er sich freute, und er sprang uns an, sowie die Hunde dies bei den Menschen tun, die sie kennen.

Dieser Hund empfing alle Deutschen, aus welchem Teil Deutschlands sie auch immer kamen, mit einer solchen Freude. Wenn aber ein Italiener, Lombarde, Gallier, Franzose, Slawe, Grieche oder jemand aus einer anderen Region außer Deutschland hereinkam, wurde er dermaßen wütend, dass man dachte, er habe die Tollwut, und er kam mit großem Gebell an und er sprang auf jene wütend auf, und wenn niemand ihn bändigte, hörte er mit dem Ärger nicht auf.

Und er hatte sich auch nicht an jene Italiener gewöhnt, die in den Häusern nebenbei wohnten, sondern erhob sich gegen diese wie gegen Fremde und blieb fortdauernd deren unversöhnlicher Feind. Ferner erlaubte er keinesfalls den Hunden der Italiener ins Haus emporzusteigen, aber er berührte die Hunde der Deutschen nicht.

Er griff die deutschen Bettler, die nach Almosen betteln wollten, nicht an, aber die italienischen Bettler, die ins Haus emporsteigen wollten, um zu betteln, griff er an und verjagte sie. Mehrmals befreite ich irgendwelche Armen aus den Fängen jenes Hundes.

Die Deutschen nahmen jenen Hund als Grund, um die Italiener genauso unversöhnlich anzufeinden. So können die deutschen Menschen niemals von ganzem Herzen mit den Italienern zusammenpassen, und umgekehrt, da jene Feindschaft in der menschlichen Natur verwurzelt wurde. Aber da das Tier keinen Verstand hat und von der Leidenschaft angetrieben wird, streitet er sich unaufhörlich mit den Italienern, angestachelt von der Natur. Die Menschen allerdings zügeln sich dank ihrer Vernunft und unterdrücken die Feindseligkeit – die von Natur aus, in den Menschen ist – durch ihre Vernunft.

Ferner fanden wir in der Herberge viele Adlige aus unterschiedlichen Teilen Deutschlands, und welche aus Ungarn, die, gebunden durch das gleiche Gelübde wie wir auch, vorhatten, das Meer zu überqueren und zum sehr heiligen Grab des Herrn Jesu in Jerusalem zu fahren.

In den anderen Herbergen waren auch viele Menschen aus Deutschland, und sie verbanden sich in Gruppen; die eine Gruppe hatte mehr, die andere weniger Mitglieder. In unserer Gruppe waren insgesamt zwölf Pilger, Herren und Diener zusammengerechnet, und folgende waren ihre Namen:

Herr Baron Johannes Werner aus Zymbern, ein gut erzogener und umsichtiger Mann, von unübertrefflicher Eleganz im Benehmen, erfahren in der lateinischen Sprache.

Herr Heinrich aus Stöffel, Baron des Heiligen Reiches, ein fleißiger und energischer Mann, von männlichem Charakter, sowie ein wahrer, edler Schwabe.

Herr Johannes Truchsas aus Waldburg, ein Adliger von großer Statur, ein ehrenhafter und edler Mann, ernst und bemüht um sein Heil.

Herr Ber aus Rechberg, ein Adliger aus Hohenrechberg, der jüngste von allen, aber auch der mutigste, stärkste, ausdauerndste, fröhlichste und großzügigste.

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Erster Artikel: Dass der Schiffskapitän uns Pilger von Venedig nach Joppe, dem Hafen des Heiligen Landes, und von da aus schließlich bis nach Venedig führe und zurückführe. Er soll in vierzehn Tagen bereit sein, dies zu tun, und soll nicht über vierzehn Tage von dieser Aufgabe fernbleiben.

II. Dass der Schiffskapitän das Schiff mit erfahrenen Matrosen gut ausstattet, die bei allen Windlagen zu Schiff fahren können; und dass er genug Waffenausrüstung im Schiff habe, um das Schiff von den Piraten oder den Feinden zu schützen, falls das nötig sein soll.

III. Dass der Schiffskapitän es vermeide, unübliche und fremde Häfen anzusteuern, während man auf See ist. Hingegen soll er lediglich zu jenen Häfen fahren, in denen es üblich ist, Vorkehrungen für das Schiff zu erledigen, und er soll auch vermeiden, im Hafen Halt zu machen, so weit wie es ihm möglich ist, sondern viel mehr auf seinem Weg weitersegeln. Vor allem verlangen wir, dass er das Reich von Zypern vermeidet, und dass er dort auch keinen Halt macht. Falls es nötig sein sollte, dort zu halten, verlangen wir, dass man nicht länger als drei Tage in dem Hafen sich aufhalten soll, weil wir aus einer alten Tradition wissen, dass die Luft der Insel Zypern für Deutsche giftig ist. Falls aber irgendwelche von unserer Gruppe Zypern besuchen und sich der Königin von Zypern vorstellen und von ihr die Insignien des Bündnisses empfangen wollen würden, soll der Schiffskapitän auf jene warten, gemäß dessen, was der alte Brauch der Adligen besagte, solange das Reich einen König hatte.

IV. Der Kapitän soll den Pilgern jeden Tag zwei Mahlzeiten mit Essen und Trinken geben. Wenn einer von uns aus irgendeinem Grund nicht an den Tisch des Kapitäns oder zum Abendmahl kommen will, oder wenn wir alle in unseren eigenen Kojen bleiben wollen, so ist der Kapitän dennoch verpflichtet, uns ohne Widerspruch Essen und Trinken zu schicken.

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Quelle: Fratris Felicis Fabri, Evagatorium in Terrae Sanctae, Arabiae et Aegypti Peregrinationem (1486), herausgegeben von Cunradus Dietericus Hassler. Stuttgardiae: Societas Litteraria Stuttgardiensis, 1843, S. 84–85, 89. Online verfügbar unter: https://mdz-nbn-resolving.de/details:bsb10737653

Übersetzung: aus dem Lateinischen ins Deutsche: Eva Ferro

Erik A. Heinrichs, Plague, Print, and the Reformation: the German Reform of Healing, 1473–1573. London: Taylor & Francis, 2017

Michael Stolberg, Experiencing Illness and the Sick Body in Early Modern Europe. Basingstoke, Hampshire und New York: Palgrave Macmillan, 2011.

Deutsche Körper in fremdem Klima: Felix Fabri, Wanderungen (1486), veröffentlicht in: German History Intersections, <https://germanhistory-intersections.org/de/deutschsein/ghis:document-268> [07.12.2024].