In der Medizinwissenschaft, deren Wurzeln bis in die Antike zurückreichen, wurde der Körper als eine Kombination aus den vier „Elementen“ – Erde, Wasser, Luft und Feuer – verstanden. Diese Elemente, so glaubte man, bildeten zusammen die verschiedenen Bestandteile des Körpers, wie Gewebe, Organe, Knochen, Lebensgeister und die vier Körpersäfte – „schwarze Galle“, „Schleim“, „Blut“ und „gelbe Galle“. Laut dieser Humorallehre (von lat. humores = Körpersäfte) war jeder Bestandteil lebensnotwendig, aber erst ihr Gleichgewicht erklärte angeblich die Unterschiede zwischen den einzelnen menschlichen Körpern. Der Begriff des humoralen Gleichgewichts fand seinen Ausdruck im Konzept der „Komplexionen“ (Konstitutionstypen). Ein Mensch galt als gesund, wenn seine Konstitution im Gleichgewicht war. Doch was bestimmte die humorale Ausstattung eines Menschen überhaupt? Ein wichtiger Faktor war das Klima, in das der Mensch hineingeboren wurde, und diese Vorstellung führte dazu, dass man „nationale“ Kategorien verwendete, um bestimmte regionale Ähnlichkeiten zu beschreiben, die man bei den Menschen wahrnahm. Die Komplexität der Humoralphysiologie ermöglichte es den Menschen, über den Körper in einer Weise nachzudenken, die sowohl physische Merkmale wie die Art der Nahrungsmittel, die ein Mensch verträgt, oder die Luft, die er atmen kann, als auch Verhaltensmerkmale wie „Mut“ usw. umfasste. Deutschsein konnte also sowohl im Aussehen als auch im Temperament zum Ausdruck kommen.