Deutsche Jesuitische Identität auf Mission: Anton Maria Benz, Erster Brief (ca. 1750)
Kurzbeschreibung
Anton Maria Benz (geb. 1716), ein deutscher Jesuit, der in der Mitte des 18. Jahrhunderts an der Mission auf den amerikanischen Kontinenten beteiligt war, beschrieb in seinen Briefen an seine Eltern eine Reihe seiner ersten Erfahrungen. In dieser Auswahl erwähnt er eine Reihe von Deutschen, die mit ihm reisen, sowie die positive Aufnahme, die sie aufgrund ihres Deutschseins bei einigen Gelegenheiten hatten. Hier sehen wir Belege für eine „deutsche“ Identität, die unter der universalisierenden Kraft der Religionsgesellschaft, insbesondere gegenüber anderen Europäern, fortbestand. Benz sprach in seinem Brief auch die große Kluft zwischen den Missionaren und der indigenen Bevölkerung an, ein Bereich, in dem die Kategorien „europäisch“ oder „christlich“ wiederum wichtiger waren als „deutsch“.
Quelle
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Auf den Abend giengen die 2 Kriegsschiff mit grossem unserem Vergnügen zuruckh, weillen sie uns im Fahren nur aufhielten, und die Mohren von 100 Meillen sich nit sehen liessen. Heut vor 12 Uhr erhube sich ein günstig Wind, welcher den 22. 23. 24. und 25. anhielte, also das wir um halber 7 Uhr des Abends den Hochberg Picco auf der Insul Tenerifa erblickten. Den 26. morgens um 5 Uhr fuhren wir mit starckhem Wind durch die Canarische Inselen. Den 27. und 28. ist ausser dem guten Wind nichts Merkhwürdiges. Den 29.ten ware die Erneüerung der Geliebden nach dem Gebrauch unserer Societät und endigete sich zugleich die Mission, so den 2. ihren Anfang genommen mit sehr grossem Nuzen. Täglich waren 2 Predigen und ebensovil Underrichtungen. Dise hielte R. P. Ignati Coromina, Oberer unserer Mission, ein Catalán, und sehr disgreter und heiliger Mann, jehne ein Pater aus Sardinien, welcher auf der Landtreiss gestorben, wie unten folget. Wir ÿbrige Missionarii hatten genug zu thun, Generalbeichten anzuhören. Einer von denen, die mir gebeichtete, hat mir bekennet, kein andere Ursach habe ihne auf unser Schiff gebracht, alss die Gelegenheit, bei einem Teütschen ein kindliche Beicht abzulegen, und inssgemein zu reden haben wir bemärkhet, das die Spanier ein grösseres Vertrauen, will nit sagen Hochschätzung, gegen uns Teütschen, alss gegen die Ihrige tragen. Heut comunicierten schier alle auf dem Schiff. Unter dem Mittagessen wurden 5 Stuckh abgebrant. Des Morgens ware ein Ambt, des Abends die Predig und das Tedeum mit Abfeürung 3er Canonen.
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Mit was ausserordentlicher Liebe und Hochschäzung wir Deütsche allhier empfangen worden, ist nit zu beschreiben. Absonderlich zeigte seine Neigung P. Procurator, welcher uns Teütsche nach dem Tisch täglich in seinem Zimmer tractierte und einem jeden auss uns Teütschen einen Peso verehrete. Den 9.ten führte uns R. P. Rector zum Bischoff, welcher uns, absonderlich die Teütsche, mit aller Lieb empfangen. Kaum waren wir hineingetreten, als er gesagt: Diser und jener ist ein Teütscher. Als er die spanische Novitzen ersehen, sagte er: dise hätten wohl können in Spanien verbleiben, man braucht alhier Priester, die arbeithen können. Eben also reden die Unserige, so hierzuland gebohren seynd.
Den 10.ten besichtigen wür das neue Collegium von dem grossen Indianerapostel benambset wird, so das nächste Jahr auf Sanct Ignati-Tag solle färtig und eröffnet werden. Es hat bishero über 130,000 Pesos gekostet und ist sehr nett und schön. Es wird für 12 Persohnen gebauet, aus welchen 8 Missionarii, welche die mexicanische Landssprach erlehrnen müssen, alzeit darin wohnen werden. Es wird wohl einige von uns Teütsche das Glück treffen, die erste Inwohner zu seyn. Dise werden dises weichtschichtige Bystum mit Missiones durchlauffen. Das Mittagmahl namen wir im [Co]legio Sancti Ildephonsi, wo uns R. P. Rector herrlich bewürthet.
Den 15.ten wurde unser 10 Teütsche von einem Thumherrn, so ein eingebohrner Spanier, zu einer kostbahren Merenda und zimlich guter Music eingeladen. Seyne Lieb zu unserer Nation hat er in Jamayca bekommen, allwo er anno 45 mit P. Fr. Xav. Weiss und andern Missionariis gefangen saze. Allhier wurde ich besuchtet von meinem ehemaIigen Connovizen Philippo Kern, welcher alhier verheurathet ist mit einer Einländerin, welche aber von spanischen Elteren abstammet. Es ergehet ihme zimlich wohl und ist seine Aufführung löblich. Das Unglückh ist, das ihme schon 6 Kinder gestorben und dises, so annoch nachlebet, scheinet werde denen übrigen bald folgen.
Uebrigens ist Puebla eine feine und zimlich grosse, auch reiche Statt. Die Gassen seind alle regulieret und breith, auf die Manier, wie ich mich erinnere, Manheim im Kupfer gesehen zu haben. Die Kirchen scheinen einigen besser als in Welschland. Meines geringen Gedenckens seynd sie reicher an Gold und Silber, alleinig gehet ihnen fast durchaus die Baukunst der Marmel und andere kostbahre Stein, die ich aldorten gesehen, ab. Vor allen hat den Vorzug die Thunbkirch, welche wenigen weichen wird.
Den 14. Sept, in der Frühe brache die ganze Mission von diser Statt auf sambt dem P. Procurator selbigen Collegii und einem andern Pater und Bruder, und langten den 16.ten um 1 Uhr nachmittags nach zuruckhgelegten 24 langen und wegen rauchem Weeg beschwärlichen Leguas auf der Hazienda Santi Antonii an, welche der Provinz zugehört. Alhier ist uns ein gute halbe Stund entgegengeritten P. Procurator Provinciae sambt 2 Patribus, welche alhier unser wartheten. Alle dise Hazienda seynd wohl eingerichtet, absonderlich aber mit grossen Kirchen versehen, welche in einer jeden Statt wegen ihrem schönen Gebaü und Ornat sich dörfften sehen lassen. Auf einer dises hiesigen Collegii von Sanct Peter und Paul zugehört, zehlet man nur an Schaffen bey 160,000 Stuckh. Den 17.ten früh fuhren die Novizen in Gutschen nacher Tepotzotlán, alwo das Novitiat, siben Stund von Mexico entlegen, wir aber nach Mexico.
Um halber 11 Uhr tratten wir in Guadeluppe ein, so 3 Viertelstund von der Statt entlegen. Allhier erwarthete uns R. P. Provincialis, Joannes Antonius Baltassar, von Lucern aus der Schweiz gebürtig, und in der römischen Provinz in die Societät getretten, ein P. Praevositus und 3 übrige Rectores, sambt andern alten Patribus und Brüdern, unter disen Ch[arissimus] Le[o]pold Schenck aus [Würzburg] und C. Georg Haberl aus meiner Provinz, welche, obwohlen sie 27 Jahr schon alhier wohnen, noch gut teutsch reden. Allhier verehrten wir das wundertätige Mariabild, welche Patronin von ganz [Mexico] und Spanien ist und von mehr dan 200 Jahren herr alhier verehret wird. Der Ursprung ist kürzlich folgender. Etliche Jahr nachdem Ferdinandus Cortesius die Statt Mexico erobert, gienge ein armmer Indianer bey disem Büchel, an dessen Fues anjezo die Kirche stehet vorbei. Er hörte ein ihme ruffende Stimm und ersache die Himelskönigin, die ihme befahle, zum Bischoff zu gehen, damit er ihr zu Ehren an disem Orth ein Kirch erbaue. Alleinig er fande keinen Glauben, ohne ein Zeichen mitzubringen. Er gienge dessentwegen betrübet zuruckh, und als er zum vorigen Orth kamme, hörte er diselbige Stimm, erblicket zugleich abermahl die seeligiste Junckffrau, welche ihm befehle gegenwärtige frische Rossen, deren dazumahl kein Zeit nit wäre, abzubrocken und in seinen Mantel zum Bischoff zu tragen. Als er aber vor demselbigen den Mantel aufthate, falleten die Rosen voneinander, und ihne mitten derselben erscheinete obgemehlter dises holdseeligiste und zie[c]htigiste Mariabild, welches ihre unbefleckhte Empfängnus vorstellete. Alda habe ich mit einem Tedeum Gott und seiner göttlichen Mutter wegen meinem Berueff in dise Länder schuldigisten Danck abgestattet.
Von disem Orth, nach eingenohmmenem Fruhstuckh, welches in Würsten, Schneckhen und Zuckherbrod bestünde, seynd wir nach dem Collegio Maximo Sanct Petri und Pauli gefahren, und das erste Mittagmahl mit erwünschter Ruhe eingenohmmen. Des Abends wurden wir vertheilet: 4 kommen in das Professhauss, 3 in das Colegium Sancti Gregorii, P. Georgius Rhedts, ein spanischer Pater und ich in das Collegium S. Andrea, die übrige in das gröste St. Peter und Pauli. Unser P. Rector so sich Juan Anton Oviedo nennet, ist schon ein 50 jähriger Mann, ware 2 mahl Provincial, einmahl Visitator Philippinarum und Procurator Provinciae nach Rom. Diser, wie auch alle im Collegio, erweisen uns alle Lieb. Den 19.ten gienge R. P. Provincialis mit uns zum Vicekönig, der uns gnädig empfangen.
Den 20.ten speisseten wir im Professhauss. Nach dem Tisch ruffete mich R. P. Provincialis zu sich in das Zimmer, und weillen ich ihme sagte, ich häte zu Lucern docieret, fragte er mich unterschidliche Sachen von seinem Vatterlandt, und haltete mich bey einer Stund bey sich. Er ist sehr freundtlich gegen jedermann, lustig und durchaus sehr beliebt. Obwohlen er schon 32 Jahr in disen Länder hat er das Teutsche noch nit gänzlich vergessen.
Den 22.ten besuchen wir den Erzbischoff, einen sehr demüetigen Herrn und grossen Freund unsserer Gesellschaft. Den 24.ten speisseten die Missionarii in unserem Collegio San Andrea, den 27.ten im Collegio Sancti Gregorii, welches für Missionarios deren Indianner dises Erzbistumb gestifftet ist. Den 28. als an dem Tag des heyl. Wenceslai tractireten uns vor der Statt in einem kleinen, aber lustigen Orth zwey deutsche Brüder, Ch. Georg Haberl von Abensberg gebürttig, auss meiner lieben Provinz, und ein anderer aus der böhmischen. Alle Teutsche waren beysammen, ohne einen [andern] bey zu haben, und lebten recht auf teutsche Arth.
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Quelle: Peter Masten Dunne und Ernest J. Burrus, “Four Unpublished Letters of Anton Maria Benz, Eighteenth Century Missionary to Mexico,” Archivum Historicum Societatis Iesu XXIV (1955), S. 344, 351–54. Online verfügbar unter: https://archive.org/details/AHSI-1955