Deutsch-protestantische Geschichtsdeutung (ca. 1880–ca. 1903)

Kurzbeschreibung

Diese beiden Postkarten nutzen eine Konstellation von Markern, um die deutsche Geschichte als protestantisch zu definieren und entsprechende Deutungshoheit für die Gegenwart zu beanspruchen. Die erste Postkarte zeigt ovale Porträts von Martin Luther (links) und Bismarck (rechts). Ihre Gesichter sind einander so zugewandt, dass sie einen Dialog und gegenseitige Wertschätzung suggerieren. Bismarck wird visuell als Luthers Nachfahre dargestellt. Der Slogan am oberen Rand—„Evangelisch bis zum Sterben, Deutsch bis in den Tod hinein!“—verdeutlicht die konfessionelle Zugehörigkeit der deutschen Nation. Sie signalisiert auch, dass die deutsche Nation den religiösen Glauben als Sinnstifter des Todes abgelöst hat.

Auf der zweiten Postkarte prangt derselbe Slogan über einer Landschaftsszene mit Landarbeitern im Vordergrund und Schornsteinen im Hintergrund. In der rechten unteren Ecke ist das Siegel des Verbands Evangelischer Arbeiter Vereine zu sehen. Die Evangelischen Arbeitervereine suggerieren hier eine Interpretation von Zeit und Raum, die Generationen miteinander verbindet und eine Harmonie zwischen der Industriegesellschaft und der ländlichen Heimat in einer stark stilisierten Weise schafft.

Quelle

Quelle: Reproduktionen in Otto May, Martin Luther. Sein Leben und seine Wirkung im Postkartenbild 1883–1945. Hildesheim: Verlag Franzbecker, 2014. Luther und Bismarck, Abbildung 200, S. 97; Verband Evangelischer Arbeiter Vereine, Abbildung 202, S. 98.

Deutsch-protestantische Geschichtsdeutung (ca. 1880–ca. 1903), veröffentlicht in: German History Intersections, <https://germanhistory-intersections.org/de/deutschsein/ghis:image-275> [05.12.2024].