Kaiserliche Gesandtschaft im Osmanischen Reich (1665/66)
Kurzbeschreibung
Der Jesuitenpater Paul Tafferner reiste 1665 (1608-1677) mit der kaiserlichen Großgesandtschaft Walter Graf Leslies ins Osmanische Reich. Der im Anschluss an die Gesandtschaftsreise publizierte Reisebericht zählte zu einer Reihe populärer Publikationen, die in Europa vielgelesenen Reiseberichte von Gesandtschaften, die wesentlich das Bild des Osmanischen Reiches und der „Türken“ in Europa und speziell in Deutschland prägten. Da Tafferner als Reisebegleiter nicht im eigentlichen Sinn zur Gesandtschaft gehörte, war er auch von den meisten Verhandlungen ausgeschlossen. Umso stärker stehen Beschreibungen der osmanischen Kultur immer wieder im Zentrum von Tafferners Bericht. Das besondere Interesse des Jesuitenpaters galt dabei den religiösen Praktiken der Muslime, die sich ganz konkret auch auf die diplomatische Tätigkeit der Gesandtschaft auswirkten: So muss der kaiserliche Großgesandte vor der Tür der Moschee warten, bis der Großwesir sein Gebet beendet hat. Mit Worten der Anerkennung vermittelt uns Tafferner, wie vorbildlich in seinen Augen die Muslime ihre Religion praktizieren, während er gleichzeitig feststellt, dass es sich bei den muslimischen Gebetspraktiken um einen „abergläubischen Gottesdienst“ handele.
Quelle
Die Türken lasen bei ihrer Religion großen Eifer und Aufsicht spühren. Und ob wol solche Achthabung nit wehrt ist / daß einer hierinne nachahmen sollte / so ist doch selbe auser Zweifel bisweilen genugsam dienlich / die Catholischen zu beschämen. Wir haben auf unserer ganzen hinreise stets beobachtet / daß / auch zu Krieges und anderen ungelegenen Zeiten / unter wehrende schwerwichrigen Verrichtungen / sie nach Beschaffenheit des Orts öfters von Pferden gesprungen / auf einen untergebreiteten Teppich / oder in Manglung deßen / ein Schnuptuch / oder auch zipfel vom kleide / und eine also auf dem Fusbaden bekleidete Moschee vorstellig zu machen / setzeten / bald mit heller / bald leiser Stimme / Gott angerufen; Sich dabei / so ferne nur Waßer vorhanden / an den Händen / bis an den Eibogen / und an der Stirn bis ans Kin gebadet / In Gemüht und Meinung / sich dadurch von den Mißetahten abzusäubern. In Städten aber werden sie dreimahl ohnfehlbar des Tages / als bei Anbruch deßelben / Zu Mittag / und Abends durch ein / vom Moschern-Türme herabgelaßenes Geschrei / eingeladen; Sie mögen aber den Gottesdienst / und zwar die Mannespersonen allein in der Kirchen; Die Weiber aber / als welche in keine Kirche dürfen / zu Hauße / oder bede Geschlechte dasselbe verrichtet. Es hat sich mehr als einmhl begeben / daß eben zur Zeit der mittaglichen Andacht der Herr Grosgesandte den Grosvezier besproche: Welcher aber sich von dieser Gebetszeit nicht das geringst entzieren. Henließ / sondern an dem Ort ihrer habenden Andacht / unbeweglich bliebe / daß also die ganze Gesandschafft das Ende solches abergläubischen Gottesdienstes vor der Tühr erwarten muste. Bei Wehrung dieser Betstunden / darf niemand sprachen / niemand die Augen in Kopf herum auf die entgegenstehende werfen / niemand was anders / als der Ort / Zeit und Gelegenheit vergönnen / fürnehmen / noch anders sich anstellen /als er gesonnen; Daß also diese Strengigkeit wohl lobens würdig wäre / wann in übrigen nicht die Uhrsache und Verdienstligkeit ermangelte.
Quelle: Paul Tafferner, Keiserliche Botschafft an die Ottomannische Pforte, welche, auf Befehl Ihrer Röm. Keis. Maj. Leopoldus des I. der Hochgebohrne Herr Herr Walter Leßlie des H. R. Reichs Graf, Herr zu Pettau und Neustadt ob der Mettau, K. M. geh. und Hof-Krigs-Raht, Feldmarschall, und über die Windisch- und Sclavonischen Gränzen General, glüklich verrichtet: Anfangs in Lateinischer Sprache von P. Paul Tafernern, Jesuitern, und Hoch-Gräflichen Reise-Kapellan aus eigener Erfahrung beschrieben, nunmehro aber Dem Teutschliebenden Leser zum besten verteutschet durch B. Z. v. W., [S.l.] 1672, S. 278-80. Online verfügbar unter: http://data.onb.ac.at/rep/10347913