Vereinbarung über die Verfahrensweise bei Schwangerschaft vietnamesischer werktätiger Frauen in der DDR (21. Juli 1987)

Kurzbeschreibung

Die Vereinbarung diente der Bekräftigung und Klärung einiger Aspekte eines bilateralen Staatsvertrags aus dem Jahr 1980, insbesondere von Fragen im Zusammenhang mit der Schwangerschaft vietnamesischer Arbeiterinnen in der DDR. Sie wurde am 26. Januar 1987 von den Arbeitsministern beider Länder unterzeichnet.

Quelle

1. Das gemeinsame Ziel der zwischen den Seiten vereinbarten Arbeitskräftekooperation besteht darin, daß vietnamesische Werktätige in Betrieben der DDR in einem bestimmten Zeitraum beschäftigt und qualifiziert werden. Die damit verbundenen Aufgaben stellen hohe Anforderungen an beide Seiten und auch an die vietnamesischen Werktätigen selbst. Schwangerschaft und Mutterschaft verändern die persönliche Situation der betreffenden werktätigen Frauen so grundlegend, daß die damit verbundenen Anforderungen der zeitweiligen Beschäftigung und Qualifizierung nicht realisierbar sind.

2. Beide Seiten nehmen über die Beauftragten der Einsatzbetriebe und über die Gruppenleiter darauf Einfluß, die vietnamesischen Werktätigen auf die Nutzung der Möglichkeiten zur Schwangerschaftsverhütung hinzuweisen – und darüber zu informieren, daß Schwangerschaft und Mutterschaft mit ihrem Delegierungsauftrag nicht vereinbar sind. Es ist zu erläutern, daß vietnamesische Frauen – wie Frauen der DDR – das Recht haben (entsprechend der Vereinbarung der Minister für Gesundheitswesen beider Länder), die Schwangerschaft kostenlos unterbrechen zu lassen.

3. Vietnamesische Frauen, die die Möglichkeiten der Schwangerschaftsverhütung bzw.-unterbrechung nicht wahrnehmen, treten nach ärztlich bescheinigter Reisetauglichkeit zum festgesetzten Termin die Rückreise an. Im Falle unbegründeter Ausreiseverweigerung wird die Botschaft der SR Vietnam in der DDR gegenüber den zuständigen Organen der DDR unverzüglich die Einleitung erforderlicher Maßnahmen zur Sicherung der Ausreise beantragen. Die durch Ausreiseverweigerung verursachten Kosten trägt die vietnamesische Seite.

4. Nur für den Ausnahmefall, daß die persönliche soziale Lage der betreffenden vietnamesischen Frau in der SR Vietnam die Einräumung der Niederkunft in der DDR rechtfertigt, kann das Staatssekretariat für Arbeit und Löhne der DDR in Abstimmung mit der Botschaft der SR Vietnam in der DDR den Verbleib von Mutter und Kind bis zur wiedererlangten Reisefähigkeit genehmigen. Ein derartiger Ausnahmefall bedarf der sorgfältigen Prüfung durch beide Seiten. Die Besonderheiten der konkreten sozialen Situation sind durch die vietnamesische Seite zu belegen.

5. Die vietnamesische Seite wird bei den neuen Delegierungen die Festlegungen dieser Vereinbarung berücksichtigen und den zu delegierenden Frauen als Delegierungsvoraussetzung erläutern.

Berlin, den 21.07.1987

gez. Schmidt gez. Nguyen Trong Thuy

Leiter der Abt. Ausländische Leiter der Abt. Arbeitskooperation

Arbeitskräfte des Staatssekretariats der Botschaft der Sozialistischen

Für Arbeit und Löhne der DDR Republik Vietnam in der DDR

Quelle: Vereinbarung über die Verfahrensweise bei Schwangerschaft vietnamesischer werktätiger Frauen in der DDR (Ost-Berlin, 21. Juli 1987), in Deniz Göktürk, David Gramling, Anton Kaes und Andreas Langenohl, Hrsg., Transit Deutschland. Debatten zu Nation und Migration, München: Konstanz University Press, 2011, S. 118-119.

Vereinbarung über die Verfahrensweise bei Schwangerschaft vietnamesischer werktätiger Frauen in der DDR (21. Juli 1987), veröffentlicht in: German History Intersections, <https://germanhistory-intersections.org/de/migration/ghis:document-92> [07.12.2024].