Gottfried Wilhelm Leibniz, Memorandum für die Herzöge Rudolf Augustus und Anton Ulrich über die Bedeutung einer großen Gelehrtenbibliothek (Juni 1695)

Kurzbeschreibung

In diesem Text betont Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716) die Bedeutung einer großen Gelehrtenbibliothek sowohl für das Allgemeinwohl wie für die fürstliche Reputation. Er empfiehlt den kontinuierlichen Erwerb neuer Werke und die Vorbereitung systematischer Themen- und Autorenkataloge. Leibniz war von 1691 bis zu seinem Tod Bibliothekar der Herzog-August-Bibliothek in Wolfenbüttel. Während dieser Zeit erweiterte er die Bibliotheksbestände beträchtlich, erstellte einen alphabetischen Katalog und drängte auf den Bau eines neuen Bibliotheksgebäudes – die berühmte Rotunde (im späten 19. Jahrhundert abgerissen).

Quelle

Durchlauchtigste Herzoge, Gnadigste Fursten und Herrn etc.

Nachdem EE. H. Hoch.F.Furstl. DDten die inspection dero weltberühmten Bibliothec vor einiger Zeit mir aufzutragen in gnaden geruhen wollen; so habe meiner schuldigkeit zu seyn ermeßen, die gedancken dahinzurichten, wie dabey zu dero gnädigsten vergnügung, ich etwas an meinem wenigen orth beytragen, auch vorschläge thun möchte, dadurch dieß trefliche Corpus Bibliothecae Ducalis, zu EE. DDt glori und gemeinem Nuzen in flor erhalten und ferner vermehret werden köndte[.] Daher ich nothig erachtet, etwas zu dem ende zu papier zubringen, und hiemit in tiefster unterthänigkeit zu überreichen.

Nun bestehet meines ermeßens der Endzweck einer großen Fürstl. Bibliothec in denen bereits berührten zwey stücken, nehmlich in dem Nuzlichen gebrauch vor Männiglich, und in dem hohen Ruhm der Herrn selbsten, so dergleichen thesaurum zu gemeinem besten zusammen bringen und unterhalten laßen. Der Nüzliche gebrauch einer großen Bibliothec beruhet darinn[,] daß sie gleichsam eine Schazkammer sey von allerhand Wißenschafften und Nachrichtungen, darinn zu finden, was allen professionen, so wohl in gottlichen als menschlichen oder geist- und weltlichen dingen dienen kan; als nehmlichen zu behauptung und fortpflanzung der wahren religion und gottes furcht, zu erclärung der Heiligen Schrifft, beleüchtung der Kirchen Historien, und erleüterung schwehrer gewißens fragen; Dann ferner zu handhabung guther policey und Regiments, auch zu bestärkung und außführung, sowohl der gerechtsamen Hoher Potentaten und Stände, als auch der rechte und unschuld der privat personen; Nicht weniger auch zu erkäntniß der Wunder gottes in der Natur, und daher fließenden Hülfs- und Nahrungs-Mitteln, dadurch so wohl die gesundheit erhalten und wiederbracht werden kan, als auch allerhand beqvemlichkeiten dieses Lebens erlanget werden. Und lezlich zu beybehaltung und fortsezung viel schöhner erfindungen[,] Kunstwercke und gebaüde, die sowohl zu Krieges als Friedens Zeiten zur nothdurfft, nuzbarkeit oder zierath gereichen mögen. Zu welchem allem komt die beschreibung der Zeiten und örther, nehmlich die Histori und Geographi so viel herrliche Exempel dargeben, dadurch die lehren oder praecepta Generalia iezt erzehlter wißenschafften und Künste becrafftiget und erleütert werden. Der Sprachen, beredsamkeit und poesie aniezo zu geschweigen[,] welche nicht nur zum Nuz, sondern auch zur zierde, und gemeiner vergnügung dienen. Und weilen auch sonderlich viel schöhne aus alten scripturen genommene documenta und monumenta in denen Büchern hin und wieder anzutreffen, so kan man sagen, daß gleichsam ein gedrucktes Archivum in einer wohlversehenen Bibliothec zu finden[,] darinn solche Nachrichtungen enthalten, die zum öfftern in den Archivis vergebens gesuchet werden, gleichwohl zu Fürstl. und Landes juribus, Genealogien und dergleichen[,] auch selbst zu guthen verfaßungen offtmahls treflich zu statten kommen.

Weil nun bey denen Menschen nechst der Gottesfurcht und Gesundheit nichts edler und beßer als verstand und wißenschafft, solche aber unter vielen Menschen verstreüet oder zertheilet, und nicht anders als in einer großen Bibliothec bey sammen zu finden; So ist daher leicht zu erachten wie hoch ein solcher Schaz zu halten, und wie glorios es fürnehmen Herrn und Potentaten sey[,] denselben in ihrer gewalt zu haben. Daher in der Histori deren Ruhm dadurch zu zeiten nicht weniger als durch Siege und andere große thaten erhoben worden. Was die unvergleichl. Wolfenbütelische Bibliothec für ein Ehrenkleinod dieses Hochfürstl. Hauses und ganzen Landes sey, ist weltkundig, also daß selten eine gelehrte und curiose Person von inn- oder ausländischen auff reisen in dieser gegend begriffen[,] so die gelegenheit nicht suche sie zu besehen.

Alleine weilen eine Haupt-Bibliothec unter die dinge zu rechnen; so nicht durch bloße bewahrung des vorhandenen in guthen Stand erhalten werden können, sondern gleich dem Feüer und Leben ein stetes aliment und zuwachs haben müßen; in dem eine Bibliothec bald herunter komt, wenn man die guthen Neüen Bücher in zulänglicher qvantitate et qvalitate nachzuschaffen unterläßet, so ist zu beybehaltung des hohen Ruhms und großen Nuzens dieses corporis Augusti hoch nöthig, daß nicht nur was täglich herfürkomt behörig dazubracht, sondern auch die von nicht wenig jahren hehr abgehende vielfältige Nuzliche Schrifften allmählig nachgehohlet werden, dieweilen man nicht allein derselben offt bey fürfallenden begebenheiten vonnöthen hat, sondern auch der fremden halber[,] so zu zeiten darnach fragen, nicht wohl entbehren kann. Denn sonsten es bald in der welt heißen dürffte[,] es sey alhier eine alte numehr abfällige Bibliothec, die nicht sonderlich continuiret noch augiret werde, mit hin den Nahmen Augusta in der that nicht mehr habe.

Und dürffte ich mich fast nicht entsehen zu sagen, daß wofern noch eine geraume Zeit also hingehen solte[,] diese ehemahlen so hochbelobte Bibliothec all ihr großes und herrliches Lob verlieren und gar in verachtung kommen dürffte. Es sind von einigen jahren hehr pro Theologicis trefliche illustrationes Scripturae Sacrae, auch inedita Patrum opera und viel merckwürdige considerationes, sowohl in Historia Ecclesiastica und controversiis, als theologia practica ans tageliecht kommen. In Iure hat man viel decisiones und praejudicia tribunalium, auch observationes practicas und erledigungen schwehrer in terminis fürfallender Casuum, auf deren anführung die Richter nicht wenig zu sehen pflegen. Man hat viel Nuzliche tractaten de principum et Rerum publicarum negotiis ac jure publico et gentium[,] auch viel dienliche Policey-, Kriegs-, justiz-, Cammer-, und Commercien-, auch andre Ordnungen, und Nachrichtungen sowohl als memoiren und staatsbedencken furnehmer und erfahrner Leute. In Physicis und Medicis sind Neüe herrliche Schrifften vorhanden, von Chymicis und Bergsachen[,] von Botanicis[,] Kraütern und Gartenwerck, von Anatomi und Thierbeschreibung; sonderlich aber in der arzney sind viel observationes singulares pathologicae, auch viel schöhne remedia vermittelst neüer Autorum dem ge­meinen Wesen mitgetheilet worden; die derowegen zu haben allerdings nöthig. In Mathematicis und Technicis hat man zumahl viel trefliche Wercke, als pro Architectura Civili et militari, opticis, dioptricis[,] Astronomicis, item viel schöhne delineationes Neüer und alter doch noch nicht zu vor bezeichneter festungen, Pallästen, Statuen[,] Antiqvitäten und ander ornamenten, so viel beschreibungen verschiedener Machinarum und ander Kriegs­- und Friedens Künste und Vortheil, so hin und wieder mit Nuzen practiciret worden, und nicht nur ad Oeconomiam privatam[,] sondern auch zu vermehrung LandesFürstl. einkünffte und gemeiner Nahrung der Unterthanen dienlich; wie dann durch guthe an­stalten einige Nationen, als sonderlich die Franzosen und Holländer sich vor andern in kurzer Zeit so hoch emporgeschwungen; Und in diesen practicis die gemeine Regel, nihil dici qvod non dictum sit prius, gar nicht statt hat. Welches dann auch von der Histori zu bejaen, darinn täglich nicht allein vetera monumenta nondum hactenus edita, medaillen, inscriptiones, sigilla, diplomata, Chronica Manuscripta, sondern auch pro Novissimis die Lebensbeschreibungen großer Fursten, der verlauff Krieges Expeditionen, belagerungen, Schlachten; der Friedens-Tractaten undt Ambassaden[,] auch viel andrer begebenheiten. Wie nicht weniger manifesta, deductiones der Praetensionen und dergleichen herfür gegeben werden; Deren zumahl in publicis nicht wohl zu entbehren; Dazu dann auch Neüe Welt-, Land[-] und orthbeschreibungen und Reisebücher in allerhand Sprachen zu ziehen[,] weilen dadurch, viel neues täglich entdecket wird, so bey einer solchen Haupt-Bibliothec gesuchet und erwartet zu werden pfleget.

Überdieß, gleich wie ein großes Magazin darinn unzahlbare sorten der wahren, und vielerley vorrath enthalten [,] ohne gebührenden Inventariis und Indicibus nicht wohl zu gebrauchen; so habe auch hierinn einigen abgang dießorths gefunden. Es hat zwar der Glor-würdigste Fundator dießer vortrefl. Bibliothec, EE. DDt in. Gott ruhender H. Vater[,]ein herrliches Inventarium dazu selbst mit unvergleichlichem fleiß, und unsterbl. Ruhm nicht nur angefangen[,] sondern auch sehr weit fort gefuhret; Und als er wegen schwehrer RegierungsLast dem werck ferner nicht abwarten können, durch andere fortsezen lassen; Darin die titel der Bücher ausführlich bemercket; Alleine es sind neben dem Hauptlnventario (vermittelst deßen alles einregistrirt) auch noch andere gewiße Indices und Repertoria dienlich, den Nuzen und gebrauch dieses weitläufftigen corporis, leichter, beqvemer, und weit außstreckender zu machen. Und weilen zu förderst der Index Alphabeticus Autorum unentbehrlich ist, ein iedes Buch bald zu finden; dabey aber diese unge­legenheit bishero sich ereignet, daß weil bey dem Nahmen des Autoris nur Numeren gesezet, wo nehmlich iedes von seinen Schrifften anzutreffen, nicht aber dabey bezeichnet, welches buch ejusdem Autoris, wenn er deren mehr als eins heraus geben bey iedem Numero zu verstehen; Man daher sehr offt umb eines ieden buchs willen alle Numeros ejusdem autoris durchgehen und nachschlagen müßen, biß man das begehrte im Hauptlnventario ge­funden. Und also primo aspectu nicht einsten gewust, ob solches vorhanden, weniger wo es stehe, daher man auch bis iezo die duplos nicht so wohl wißen können: So habe ich mir zuförderst angelegen seyn laßen, daß dieser, so merklichen, und sich täglich zeigenden hinderniß so man anfangs ehe die Bibliothec so groß worden, nicht so sehr in acht genommen, abgeholffen werden möchte; welches auch nunmehr endtlich zu werck gerichtet worden. Weilen aber das beste und Nüzlichste annoch übrig, nehmlichen die Indices Materiarum vermittelst deren man nicht nur bey ieder disciplin, sondern auch bey iedem general sowohl als special titulo finden könne, was davon für nachricht alhier fürhanden, und wo sie anzutreffen, auch was für autores ausführlich davon handlen, welches denn eigentlich den Hauptzweck und gebrauch einer solchen fürtreflichen Bibliothec berühret; So bin ich längst auff mittel und wege gedacht gewesen, wie man auch dieser großen und Nüzlichen arbeit nähertreten möchte; Zumahlen die bisherige von verschiedenen Scriptoribus herausgegebene Catalogi, sedes, et Indices Materiarum, und so genante Bibliothecae Classicae et Reales des Zwecks großen theils verfehlen, wie solches, da es der orth leiden wolte, leicht mit mehrern auß zu führen wäre. Des Indicis Chronologici, und ander dergleichen zu geschweigen. Es würden aber dazu etliche Scribenten, so ziemliche studia mit sich von Universitaten bracht und dann auch andere dienliche anstalten erfordert werden[;] davon zu seiner Zeit, nach gnädigster gefälligkeit meine unterthänigste. gedancken mit meh­rern vorzutragen nicht ermanglen werde. Auch was ehemahlen von edirung einiger wercke dadurch dieser Bibliothec würde und vortrefligkeit der welt recht bekandzumachen in unterthänigkeit vorgestellet, und in der That zu leisten angefangen, aniezo zu wiederhohlen nicht nöthig achte.

Was nun die beiden auß geführten Haupt-desiderata betrifft; so ist das erste, nehmlich die supplirung abgehender guther Bücher, das nöthigste und kostbarste und allen großen Bibliotheken gemein, dazu auch die distractio duplorum (deren anzahl und benennung nunmehr nach verfertigung des Neüen Indicis Alphabetici autorum füglich zu haben) einiger maßen zustatten kommen köndte. Das andere Desideratum aber, nehmlich die verfertigung der vorgeschlagenen Indicum Materialium vel Realium, wäre ad meliorem usum vortreflich, und würde etwas sonderlichs seyn, dergleichen bey keiner andern der grösten Bibliotheken in der welt anzutreffen. Und köndte man dadurch endtlich gar einem operi Photiano näher kommen, davon der hochberühmte Photius ehemahlen patriarch zu Constantinopel bey der damahligen orientalischen Kayserl. Bibliothec ein vortrefliches Specimen hinterlaßen und dadurch vieler schöhner numehr verlohrnen bücher gedächtniß auch zum theil deren inhalt erhalten, wie dann nach deßen Modell zu unser zeit die Diaria oder Journaux des Sçavans und Acta eruditorum von Neüen Büchern nachricht geben. Und auf solchen schlag wie vernehme; E. Hochfürstl. Durchll. dero Hocherleüchteten Ver­stande nach, von selbst auf dergleichen gefallen, und vorhabens aus dero selbst hochst-rühmlichst colligirten Bibliotheca Rudolphea die bücher binnen eines gewißen periodi (von 1517 biß 1546) worinn Historia Reformationis eingeschloßen nicht nur, wie bereits mit großen Nuz geschehen[,] zu erzehlen[,] sondern auch eigentlich beschreiben zu laßen, welches da es ab incunabulis typographiae biß auff 1517 auch geschehen solte, zu welcher Zeit der bucher noch eben so gar viel nicht gedruckt worden[,] und dannfemer aus der großen Augusta selbst, die Bücher so es verdienen von 1546 biß auf den anfang der jour­naux oder diariorum eruditorum nachgehohlet würden[,] so durffte man mit gottes hülff in wenig jahren zu einer vollkommenen Historia Literaria und hochnüzlicher beschreibung hujus thesauri humanae cognitionis gelangen; welches gleich wie es noch zur Zeit bey Bibliotheken sine Exemplo und doch so hochnüzlich, ja endtlichen bey überhäuffung der Bücher in der welt nothig seyn wird; zu EE. DDt die dergestalt zuerst das eis brechen laßen[,] unsterbl. Ruhm, und der posterität zum exempel dienen würde. Wo zu etwa auf art und weise deren[,] so vermittelst eines eignen Collegij curiosi zu Leipzig die Acta Eruditorum qvotidie subnascentia conjunctis studiis zusammentragen, auch einige gelehrte Leute in diesen Landen, sonderlich alhier zu Wolffenbütel zumahl bey E.E. DDt Academia illustri, mit ihrer eignen vergnügung, Nuz und Ruhm nach eines ieden Facultat vermuthlich gern concurriren würden.

Weilen aber für allen dingen wie gedacht die nothdurfft erfordern will, daß zu an­schaffung guther bißher annoch in überauß großer Meng abgehenden Bücher anstalt gemacht und dadurch diese vortrefliche Bibliothec bey Ehr und Ruhm so zu sagen erhalten werde. Zu geschweigen der Scribenten, deren hülffe nöthig, wenn man die arbeit der Indicum beschleünigen und nicht viel jahr damit warten will; So wäre ohnmasgäblich auff einen Fundum zu bestreitung der Kosten zu gedencken. []

Es ist nehmlichen bekand, daß die Bibliotheca Augusta bey der Academia illustri treflich zu statten komt, und die professores so wohl als Academisten und ihre Hofmeistern oder Informatores, bey deren gebrauch einen herrlichen vortheil ihrer Studien finden; und vielleicht dem oberwehnten Concept nach selbst zumtheil daraus dem publico zum besten mit ihren Ruhm und Nuz pro cujusqve industria et curiositate durch ihre studia etwas beytragen und die denn es beliebet, zu zeiten als in einem Collegio Gelliano oder Conference zu nüzlicher conversation zusammen kommen köndten, so gleich als in den Italianischen und Französischen auch Englischen Academien, Collegien und Societäten der beaux Esprits oder Virtuosi wegen des handgreiflichen Nuzens, aemulation, und Ruhms, ja annehmligkeit, keine geringe invitation zu besuchung dießer Academia illustris geben würde; Daher dann zu erwegen stünde ob nicht die Bibliothec mit der Academi auch darinn etwas näher zu verbinden, daß die Hochlöbl. Landschafft zu erhaltung dieses kleinods nicht nur des Hofes, sondern auch des Landes, ihre hochvernünfftige vorsorge und anstalt zugleich hierauff mit richten möchte. Immaßen ein solches Corpus Librarium dem ganzen Lande nicht nur reputirlich[,] sondern auch nuzbar weilen alda Männiglich sowohl seine belustigung als auch allerhand ersprießliche Nachrichtungen antreffen köndte, und wie bereits oben erwehnet[,] darinn mehrerntheils außführlich enthalten, was zu vertheidigung der Reinen Religion gegen die Wiedersacher, zu administrirung der lieben justiz[,] zu bekräfftigung der Landesfürstl. sowohl als privat gerechtsamen, zu immortalisierung löbl. thaten, Genealogien ansehnlicher geschlechter, und darauß entstehender aufmunterung tapferer gemuther zu wahrer fugend und rühmlichen Verhalten; zu erhaltung menschlichen Lebens und gesundheit, zu Hülffe der Nahrung[,] zu Landes[-]anbau und [-]verbeßerung, zu kriegs[-] und friedens[-]künsten; In summa zum Hauß- sowohl als zum Kirchen- und Schuhlen-[,] auch Regiments[-]stand zu wißen nöth(ig) und nüzlich[,] daß also Theologi mit denen subordinatis philosophis et philologis; jurisconsulti mit denen zugeordneten Historicopoliticis; Medici mit physicis[;] Mathematicis. und Technicis, ja viri militares selbst in solcher officina generali Notitiarum Humanarum ihr vergnügen finden würden; zumahlen da die neü intendirten Repertoria dazu kämen[,] vermittelst deren nachricht gegeben wurde bey welchen autoribus das begehrte zu suchen da auch bekand, daß privati, ieder in seiner profession nicht iedesmal alle (zumahl kostbare) wercke selbst anschaffen können oder wollen, deren sie doch zu bedienung des publici und der gnädigsten Herrschafft, ihrem Amt und Vocation zu folge, zum offtem vonnöthen hätten[.] Daher dieses hauptsächliche Universal-Instrument und Adminiculum des Kirchen- und Schuhl-, Justiz- und Regiments-wesens billig für kein geringes objectum deliberandi bey einer Landschafft gehalten werden möchte, Auch aniezo die Academia Illustris. (damit die Bibliothec, wie gedacht, so genau verknüpfet und deren sie sowohl zustatten komt) eine gute gelegenheit dazu anhand geben würde.

Welches alles dann E. E. DDt zu dero fernem hocherleuchteten erwegen fürzutragen ich mich aus unterthänigster devotion erkühnen müßen; und werde auff gnädigstes erfordern, da nöthig, ferner ohnmaßgäbliche erleüterung meines wenigen orths zu geben nicht ermanglen der ich lebenszeit un-auß-sezlich verbleibe

E. E. H. HochFFürstl. DDt

unterthänigster treü-gehorsamster diener

Wolfenbütel den 7 junij 1695

Gottfried Wilhelm Leibniz

Denen Durchleüchtigsten Fürsten und Herrn Herrn Rudolph Augusten und Herrn Anton Ulrichen Herzogen zu Braunschweig und Lüneburg etc. Meinen gnädigsten Herrn dero Bibliothec betr. daß solche zu vermehren und zu erganzen.

Quelle: Gottfried Wilhelm Leibniz, Memorandum an die Herzöge Rudolf August und Anton Ulrich über die Bedeutung einer wissenschaftlichen Bibliothek (Juni 1695); abgedruckt in Gottfried Wilhelm Leibniz, Sämtliche Schriften und Briefe. Reihe 1:11, Januar – Oktober 1695. Berlin: Akademie-Verlag, 1982, S. 60–69.

Gottfried Wilhelm Leibniz, Memorandum für die Herzöge Rudolf Augustus und Anton Ulrich über die Bedeutung einer großen Gelehrtenbibliothek (Juni 1695), veröffentlicht in: German History Intersections, <https://germanhistory-intersections.org/de/wissen-und-bildung/ghis:document-137> [05.12.2024].