Bericht des Kämmerers der Universität Dr. Peurle über das Wirken der Jesuiten in Ingolstadt (24. Januar 1558)

Kurzbeschreibung

Dr. Johann Peurle verteidigt jesuitische Professoren an der Universität Ingolstadt gegen Angriffe (die laut Peurle vor allem von Lutheranern und Zwinglianern kamen), indem er ihren Fleiß in der Lehre und ihr frommes Verhalten betont. Wie Peurle bemerkt, hielten die beiden Jesuitenprofessoren täglich Vorlesungen in Theologie und Hebräisch und unterrichteten auch eine Stunde pro Tag kostenlos (in Form von öffentlichen Vorträgen). Einmal im Monat unterrichteten sie öffentlich Theologie (d.h. kostenlos) und einmal in der Woche privat (gegen Gebühr). Jeden Sonntag lasen sie im Jesuitenkolleg Exerzitien in Latein und in der Kirche in Deutsch. Zusätzlich erteilten sie Unterricht für Kinder und Jugendliche unterschiedlichen Alters in verschiedenen Fächern.

Der Bericht legt nahe, dass der Rektor plante, von Rom aus einen weiteren Professor (für Philosophie) für die Jesuitenuniversität in Ingolstadt zu gewinnen. Peurle lehnte diese Idee ab, weil er der Meinung war, dass es an der Philosophischen Fakultät der Universität bereits genug Philosophen gebe.

Quelle

Gonstiger, gepietender Herr, ich waiss nit, waß vil Lewt verursacht, das sie unnseren Jesuitern so ubel wollen unnd reden, doch zum maisten die Lutteranii oder Zwingliani, wie wor sie iren Sachen, Studiren unnd Predigen, ganz vleissig ausswarten. Die zwen Doctores Theologiae lesen teglich in Theologia, so die anderen zwen Universitatis Ordinarii nit offter, dann uber den anderen Tag lesen, unnd haben von alter her nie mer dan ainer allwochen drei Stund gelesen. Sie lesen all Tag ain Stund hebraice, ain Stund gratis. Disputiren in Theologia alle Monat publice unnd all Wochen ainmal private, do instruiren sie die Inexercitatos, wie sie sich disputando halten müessen, declamiren all Sontag ainer in Collegio latine, ain ander in der Kirchen germanice. Ir vier lernen die jungen Kinder in zwaien Lectoriis, so zu Stuben gemacht sein worden, drei Stund vormittag unnd drei Stund nachmittag. Das thon sie mit grossem Vleiss all Tag. Noch ainer repetirt mit den jungen Stipendiaten alltag vor- unnd nachmittags, welche sich zu gross duncken unnd sich der Kinderschuel schemen. Sie sein sonst von boni exempli, sein fromme unnd ains guten Wandels, ich waiss nichts pöss, des inen zu verheben were. So leben sie karglich unnd messig, vasten vil, weren nit groß Guet on, trinckhen den maisten Tail Pier, wening Weins. Wollen ire Auditores Theologiam nit studiren, so khan man ine nit thon, hie wirt khain Vleiß gespart, so vil die Professores unnd Lectores antrifft.

Pater Rector wolt auch ain gelerten Philosophum von Rom lassen pringen, so in Philosophia solt lesen. Ich waiss aber warlich nit, ob das pro Universitate were oder nit. Sie haben in Artibus jetzt genueg Professores, so hindert ainer den andern, dieweil nit Stund genueg verhanden im Tag sein, das ain yglicher sein Schuel recht mochte thon. Dergleichen sagen etlich, die Jesuiter werden ain Oratorem geben ex ordine ipsorum, der soll Loschero succediren, ich hab solchs von (in)en nit gehört. Geschecht das, so solle es Universitati schedlich sein nach Mainung etlicher. Das mecht wol geschehen, das sie sich hoc nomine odiosos ine veindselich machten, nit wais ich, ob das Academiae nuzlich oder schedlich sein wurde. Die Herren sollen darvon deliberiren.

Rückvermerk

D. Peurles, Camerers zu Ingolstat Anzaigen der Jesuiten daselbs Ler und Wandels halb.

Quelle: Karl Batz, Hrsg., Die Jesuiten in Ingolstadt: 1549-1773. Ausstellung des Stadtarchivs, der Wissenschaftlichen Stadtbibliothek und des Stadtmuseums Ingolstadt, Ingolstadt: Stadtarchiv 1991, S. 40–41. Wiedergabe auf dieser Website mit freundlicher Genehmigung des Stadtarchivs Ingolstadt.

Karl Hengst, Jesuiten an Universitäten und Jesuitenuniversitäten: Zur Geschichte der Universität in der Oberdeutschen und Rheinischen Provinz der Gesellschaft Jesu im Zeitalter der konfessionellen Auseinandersetzung. Paderborn: Schöningh, 1981.

Ulrich Rasche, Hrsg., Quellen zur frühneuzeitlichen Universitätsgeschichte: Typen, Bestände, Forschungsperspektiven. Wiesbaden: Harrassowitz, 2011.

Arno Seifert, Hrsg., Die Universität Ingolstadt im 15. und 16. Jahrhundert: Texte und Regesten. Berlin: Duncker & Humblot, 1973.

Bericht des Kämmerers der Universität Dr. Peurle über das Wirken der Jesuiten in Ingolstadt (24. Januar 1558), veröffentlicht in: German History Intersections, <https://germanhistory-intersections.org/de/wissen-und-bildung/ghis:document-173> [01.12.2023].