Repräsentationen gesellschaftlicher Ordnung

Einführung

Im frühneuzeitlichen Europa war die soziale Schicht oder der Stand einer der wichtigsten Identitätsstifter. Der Stand, in den ein Mensch hineingeboren wurde, spielte eine weitaus größere Rolle für die Erweiterung oder Einschränkung individueller Perspektiven als das Konzept der Nationalität. Die Europäer der Frühen Neuzeit entwickelten eine differenzierte Hierarchie sozialer Klassen, wie sie in Gerhard Altzenbachs Flugblatt sichtbar wird. Doch wie Altzenbachs Bild und Samuel Hartlibs Korrespondenz zeigen, überschnitten sich die Vorstellungen von Nationalität mit der sozialen Klasse und formten die Identität. Wenn Hartlib seine Familiengeschichte beschreibt, erscheinen die nationalen Grenzen durchlässig und können durch Verbindungen (z. B. Heirat) über den Besitz leicht überwunden werden. Hartlibs Korrespondenz deutet aber auch darauf hin, dass die Vorstellungen über Stände nicht festgelegt waren: Der deutsche Adel war der Ansicht, dass der Beruf des Kaufmanns sich negativ auf den Status einer Person auswirkte, während der polnische Adel – laut Hartlibs Schilderung – diesen Beruf als neutral ansah. Eine der wichtigsten Möglichkeiten, die Grenzen des eigenen Standes zu überschreiten, war die Heirat. Hartlibs Korrespondenz zeigt, dass die Menschen darauf bedacht waren, geeignete Heiratsbündnisse zu schließen, und dass die nationale Identität kein einschränkender Faktor zu sein schien, auch wenn sie von den Menschen wahrgenommen wurde. Der Stammbaum von Philipp von Kerssenbrock und Catharina von Adelebsen zeigt die Bedeutung von Abstammung und Heirat für die Schaffung und Aufrechterhaltung sozialer Identität; er veranschaulicht zudem, wie Mitglieder des deutschen Adels ihre Herkunft darstellten, um ihren Status zu stärken.

Inhalt

  1. < Der Dreißigjährige Krieg und das Vaterland
  2. Nationalcharakter – Kulturnation – Reich >