Taufeinträge: „Türkentaufen“ in München (1687 und 1688)

Kurzbeschreibung

Der bayerische Kurfürst Maximilian II. Emanuel verbündete sich mit dem römisch-deutschen König und Habsburger Kaiser Leopold I. für eine Militäroffensive gegen das Osmanische Reich („Großer Türkenkrieg“, 1683–1699). Im Laufe des Feldzuges wurden Soldaten, aber auch Männer, die nicht im Militärdienst waren, Frauen und Kinder in christliche Kriegsgefangenschaft genommen und teilweise ins Heilige Römische Reich deutscher Nation verschleppt. In den Münchner Kirchenbüchern finden sich Taufeinträge zu diesen oft muslimischen Kriegsgefangenen, die im Register als „Turca“ und „Türken“ bezeichnet werden. Mit der Taufe einher ging ein Namenswechsel, so wurde beispielsweise „Achmet“ im Taufregister mit dem „deutschen“ Namen „Stainmair“ verzeichnet. Auch eine Unterrichtung im christlichen Glauben ging der Taufe im Idealfall voraus.

Quelle

Taufe des 17-jährigen Achmet aus Buda am 17. Mai 1687

Achmet Türke jetzt Stainmair
Die türkischen Eltern sind unbekannt; Achmet, 17 Jahre alt, wurde bei der Eroberung Budas gefangen, nach München geführt, von Herrn Johann Georg Schlaucher, Gastwirt, in der Liebe zum katholischen Glauben erzogen, vom H. H. Heinrich aus der Gesellschaft Jesu im katholischen Glauben unterrichtet, wurde in der Pfingstvigil nach der Taufwasserweihe feierlich getauft und ihm der Name gegeben Maximilian Franz; Pate war der der hochedle und gnädige Herr Maximilian Johann Franz Graf von Preysing, Geheimer Rat und kurfürstlicher Hofmarschall, welchen vertrat der hochansehnliche Herr Sebastian Mayr, Sekretär. Taufspender war Georg Purckweger, Kooperator.

Aus: Taufbuch der Pfarrei München-St. Peter 1683–1689, AEM Matrikeln 8953, fol. 198rv. Übersetzung aus dem Lateinischen.

Transkription des Taufeintrags vom 16. November 1688

ein Türkhenkhündt
Escha ein türkhisches Magdlein von türkhischen Eltern in Khriechisch-Weissenburg gebohrn und gefangen ist von mir in Hauss ob vitae periculum getaufft, von Frauen Catharina Holzmillerin Hofwagnerin aus der hey. Tauff geheben, und Anna Maria genenth worden.

Aus: Taufbuch der Pfarrei München-Zu Unserer Lieben Frau 1684–1699, AEM Matrikeln 9269, S. 131.

Quelle: Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising (siehe oben); beide Texte sind abgedruckt in Peter Pfister, Hrsg., Münchner Kindl. Ungewöhnliche Lebensläufe aus dem alten München im Spiegel der Pfarrmatrikeln. Ausstellung im Archiv des Erzbistums München und Freising, Bd. 7: Münchner Kindl. Ungewöhnliche Lebensläufe aus dem alten München im Spiegel der Pfarrmatrikeln. München: Archiv des Erzbistums München und Freising, 2008, S. 15, 16. Wiedergabe auf dieser Website mit freundlicher Genehmigung. Online verfügbar unter: https://www.erzbistum-muenchen.de/cms-media/media-11087820.pdf

Markus Friedrich, „Türkentaufen. Zur theologischen Problematik und geistlichen Deutung der Konversion von Muslimen im Alten Reich“, in Markus Friedrich mit Alexander Schunka, Hrsg., Orientbegegnungen deutscher Protestanten in der Frühen Neuzeit. Zeitsprünge Sonderheft. Frankfurt am Main, 2012, S. 47–74.

Almut Höfert, Den Feind beschreiben. „Türkengefahr“ und europäisches Wissen über das Osmanische Reich, 1450–1600. Historische Studien 35. Frankfurt am Main/New York: Campus Verlag, 2003.

Manja Quakatz, „‚Gebürtig aus der Türckey‘: Zu Konversion und Zwangstaufe osmanischer Muslime im Alten Reich um 1700“, in Barbara Schmidt-Haberkamp, Hrsg., Europa und die Türkei im achtzehnten Jahrhundert / Europe and Turkey in the Eighteenth Century. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2011.

Taufeinträge: „Türkentaufen“ in München (1687 und 1688), veröffentlicht in: German History Intersections, <https://germanhistory-intersections.org/de/deutschsein/ghis:document-255> [29.11.2023].