Deutsche Sprachgesellschaften: „Fruchtbringende Gesellschaft“ (1646)

Kurzbeschreibung

Nach dem Muster ausländischer Gesellschaften entstanden auch in Deutschland sogenannte Sprachgesellschaften, welche die Pflege der nationalen Sprache und Literatur zum Ziel hatten. Die erste und bekannteste von ihnen war die 1617 in Weimar gegründete „Fruchtbringende Gesellschaft (Palmenorden)“. Die Mitglieder dieser Gesellschaften sowie Dichter (wie Martin Opitz, Andreas Gryphius, Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen) bemühten sich um die Aufwertung der deutschen Sprache als einer nationalen Sprache.

Quelle

Der Fruchtbringenden Geselschaft Nahmen/ Vorhaben/ Gemählde und Wörter: Nach jedes Einnahme ordentlich in Kupfer gestochen/ und In achtzeilige Reimgesetze verfasset/ Das Erste Hundert. Franckfurt am Mayn/ Bey Mattheo Merian. M. DC. XXXXVI.

Kurtzer Bericht Von der Fruchtbringenden Geselschaft Zwecke und Vorhaben.

Nach dem ihrer viel von der Fruchtbringenden Geselschaft / was dero eigentlicher Zweck/ auch wie und worzu sie aufgerichtet/ und angestellet/ bericht zu haben begehren; Als ist gut befunden worden/ nachfolgendes kuürtzlich/ zu iedes begerenden unterricht/ zu verfassen. Ist also zuwissen/ das im Jahre 1617. den 24. Augstmonats bey einer vornemen/ wiewol traurigen Fürstlicher vnd Adelicher Personen zusammenkunfft/ zu etwas ergetzung vorgangenen leides/ und anreitzung der löblichen Jugend/ zu allerley hohen Tugenden/ unterschiedenen Academien/ die in frembden Landen/ beydes zu erhaltung guten vertrauens/ erbauung wolanständiger Sitten/ als nützlicher ausübung iedes Volckes Landes=Sprachen/ aufgerichtet: erwenung geschehen: Darbey aber ferner erwogen worden/ weil unsere weitgeehrete hochdeütsche Muttersprache so wol an alter/ schönen und zierlichen Reden/ als auch am überflusse eigentlicher und wolbedeütlicher Wort/ so iede sachen besser/ als die frembden recht zuverstehen geben können/ einen nicht geringen vorzug hat: Das ebener gestalt darauf möchte gedacht werden/ wie eine sothane Geselschaft zu erwecken und anzustellen/ darinnen man in gut rein deütsch reden/ schreiben/ auch anders/ so bey dergleichen zusammensetzung und erhebung der Muttersprache/ (darzu ieder von Natur verpflichtet) gebrauchlich und dienlich/ vornemen möchte.Worauf dan geschlossen worden/ diese Geselschaft/ wiewol anfangs in der enge/ doch also anzurichten/ damit iedermänniglichen/ so ein liebhaber aller Erbarkeit/ Tugend und Höfligkeit/ vornemlich aber des Vaterlandes/ durch anleitung der darzu erkorenen überflüssigen Matery/ anlas hette/ desto eher/ nach Einnemung dieses guten vorhabens/ sich freywilliglich hinein zubegeben. Vnd weil bey dergleichen zusammenthun nicht ungewönlich/ und zu mehrer aufmunterung dienlich/ das anfänglich die gantze Geselschaft nicht allein auf eine besondere Matery ihren Namen richten/ sondern auch ein darzu bequemes Gemählde ihnen wehlen/ und ein darauf sich wolschickendes Wort/ den zweck und die bedeutung meldende/ darüber ausdrucken lasse/ wiesolchem zu folge ein iedweder Geselschafter / der hinein zu tretten gesinnet/ auch zu thun schuldig: Also ist diese Geselschaft / die Fruchtbringende/ genennet/ jhr zum Gemählde ein Indianischer Palmen= oder Nusbaum verordnet/ und zum worte/ Alles zu Nutzen/ gesetzet worden. Der Name Fruchtbringende darumb/ damit ein iedweder/ so sich hinein begibet oder zubegeben gewillet/ anders auch nicht/ als was fruchtmessig/ zu Früchten/ Bäumen/ Blumen/ Kräutern oder dergleichen gehörig/ und aus der Erden wachsende/ oder darvon entstehend/ ihme erwehlen könne/ und darneben überal Frucht zuschaffen geflissen seyn solle. Das Gemählde aus ursachen/ das wie bey den Thieren keines gefunden wird/ so in allem/ auch dem geringsten/ nützlicher zugebrauchen/ als das Schaf/ dergleichen ebener gestalt bey diesem Indianischen Palmen= oder Nusbaume volkömlich sich creüzet / inmaſſen die Bäum=und Kräuterbücher/ sonderlich aber die Ost= Indianische Beschreibungen/ mit mehren solches bezeügen. Das Wort aber zu dem Ende/ das in und bey dieser Geselschaft alles zu nutzen/ frommen/ und ergetzung/ niemande aber zu leide/ schaden oder verdrus gerichtet seyn sol. Worauf dan folgendes alsobald unterschiedliche Personen in diese Geselschaft eingetretten/ und deren eigentlicher zweck vnd vorhaben kürtzlich auf nechstfolgende zwene Puncten gerichtet/ und zusammen gezogen worden. Erstlich/ daß sich ein iedweder in dieser Geselschaftt erbar nütz= und ergetzlich bezeigen/ und also uüberal handeln solle/ bey Zusammenkunften gütig/ frölich/ lustig und verträglich in worten und wercken seyn/ auch wie dabey keiner dem andern ein ergetzlich wort für übel aufzunemen/ also sol man sich aller groben verdries= lichen reden und schertzes darbey enthalten. Für andere/ das man die Hochdeütsche Sprache in ihrem rechten wesen und stande/ ohne einmischung frembder außländischer Wort/ aufs möglichste und thunlichste erhalte/ und sich so wol der besten aussprache im reden/ als der reinesten art im schreiben und Reime=dichten befleissige. Diesem nach ist auch beliebet worden/ das iedweder aus mehrgemelter Geselschaft der in gold geschmeltztes Gemaählde/ Namen und Wort auf der einen/ wie auch sein selbst eigenes auf der andern seiten an einem sittich gruünen seidenem Bande tragen solle. Wie nun sieder der zeit nach dem alter der eintretttung/ und nicht des Standes Vorzug/ die Geselschaft in ordnung sich vermehret/ geben angefuügte in Kupfer gestochene Gemaählde/ nechst der darauf in Reime gefaster erklaärung genugsam zuerkennen.

Kling=Gedichte Auf die Fruchtbringende Geselschaft/ Das Gemaählde ist Ein Indianischer Nus=oder Palmenbaum: Das Wort: Alles zu Nutzen.

Komt/ lernt vom Palmenbaum’ ihr/ die ihr euüch begeben
In die Geselschaft wolt/ wie ihr es stellet an/
Das euüch Fruchtbringend’ heiß’ und halt’ ein iederman/
Ihr müsset seiner frucht in allem folgen eben:
Fast alles/ was bedarf der Mensch in seinem leben/
Bringt vor der baum/ draus man Nehnadeln machen kan/
Garn/ Seile/ Stricke/ Schiff’/ auch Mast und Segel dran/
Wein/ Eßig/ Brantewein/ oöhl seine fruüchte geben/
Brot/ Zucker/ Butter/ Milch/ Keeß’: aus der Rinde wird
Ein Becher/ Leffel/ Topff: Ein blat von ihm formirt
Dach schindeln/ Matten auch von ihm geflochten werden:
In iedem Monat’ Er vor neuüe fruüchte bringt:
Wol dem/ der/ gleich wie er darnach nur strebt und ringt/
Das er in allem Frucht und Nutzen bring’ auf Erden.

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Quelle: Ludwig (Anhalt-Köthen, Fürst): Fruchtbringenden Geselschaft Nahmen/ Vorhaben/ Gemählde und Wörter: Nach jedes Einnahme ordentlich in Kupfer gestochen/ und In achtzeiligen Reimgesetze verfasset ... Franckfurt am Mayn : Merian, 1646, Titelblatt, S. 2ff. Online verfügbar unter: http://diglib.hab.de/drucke/17-4-1-eth/start.htm

Deutsche Sprachgesellschaften: „Fruchtbringende Gesellschaft“ (1646), veröffentlicht in: German History Intersections, <https://germanhistory-intersections.org/de/deutschsein/ghis:document-285> [05.12.2024].