Peter Hagendorf, Söldnertagebuch aus dem Dreißigjährigen Krieg (1625–1648)

Kurzbeschreibung

Peter Hagendorf zog als Soldat im Dreißigjährigen Krieg durch die deutschen Territorien sowie benachbarte Länder wie Italien (siehe: Bild mit Marschroute) und zeichnete seine Erlebnisse in einer Art Tagebuch auf. Hagendorf beschreibt sich gleichzeitig als Opfer und als Täter der kriegerischen Geschehnisse. Als Söldner war er an Schlachten auf verschiedenem Gebiet beteiligt und schildert die einzelnen Städte und Landschaften, die er durchquerte, mit landeskundlichem Interesse. Dieser Textausschnitt dokumentiert zudem, dass kämpfende Soldaten auf den Feldzügen häufig von ihren Frauen und Kindern begleitet wurden.

Quelle

2. Der Text

[] Hier läuft der Rhein durch den Bodensee. Von Lindau nach Bregenz, nach Maienfeld, über die Steige nach Graubünden, nach Chur, die Hauptstadt in Graubünden. Sie reden schon Welsch, ist lauter Berg und Tal.

Auf den Bergen kommt den ganzen Sommer der Schnee nicht weg. Es hat hier wohl Viehzucht, aber fast nichts von Kornbau, auch kein Weinwachs, ein gar rauhes Land. Bei Chur gibt es ein schönes Warmbad, gar heilsam.

Von Chur nach Splügen, hier entspringt der Rhein an diesem Berg. Dieser Berg ist eine ganze Tagesreise hoch. Mitten auf dem Berg steht ein Wirtshaus. Bei diesem Wirtshaus geht es wieder bergab. Dieser Berg ist so hoch, daß nur ein Mann nach dem andern gehen kann, und der Schnee liegt das ganze Gebirge hoch.

Darauf nach Chiavenna, unterhalb des Berges ist alles schon welsch. Hier kaufte ich mir ein Buch, halb welsch und halb deutsch, und verkaufte meinen Mantel für 3 Taler. Darauf nach Riva einen mächtigen Pass entlang, mit einem schönen Schloß auf der linken Hand des Wassers. Hier beginnt der Comer See. Hier aufgesessen und gefahren bis nach Lecco, eine Tagesreise, gehört schon den Venedigern. Dies ist die erste Stadt dieser Gegend, die den Venedigern gehört. Darauf nach Bergamo, eine schöne Stadt mit einem schönen Schloß. Hier beginnt erst richtig das Venediger Land. Darauf nach Brescia, eine schöne Stadt.

Hier habe ich mich von den Venedigern anwerben lassen, in ihren Dienst. Da sind wir aus einer Stadt in die andere gezogen, in der Quartier war, also von Brescia nach Peschiera am Gardasee, eine überaus schöne Festung. Der See läuft unten durch.

Hier bin ich krank geworden, denn es ist ein gar hitziger Wein in diesem Land. Bin krank gewesen 2 Monate, doch hat mir der Allmächtige wieder geholfen, obwohl sonst viele Deutsche gestorben sind.

Nach 3 Monaten sind wir gezogen mit unserer Kompanie nach Verona, ist nicht so sehr befestigt, liegt an der Grenze zu Mantua, aber ein lieblicher Ort.

Hier ist das Grabmal des algen Hilde / brand, mit eisernen Gittern umfangen, 7 Klafter lang und breit. Der Alte und der Junge, wie sie dann auf der Heide gefochten haben, sitzen auf 2 großen marmornen Steinpferden auf ihrem Grabmal mitten in der Stadt auf dem Markt, daß es wohl zu sehen ist, denn da ist seine Hofhaltung gewesen.

Von Verona nach 3 Monaten nach Verolanuova, liegt an der Mailänder Herrschaft. Alles guter Weinwachs und Kornbau.

In diesem Jahr 1625 von Verolanuova wieder nach Brescia. Hier sind wir aufgebrochen und gezogen nach Val Camonica. Zu Edolo ist das Hauptquartier gewesen. Hier ist Melander gelegen, der der Feldherr gewesen ist, und ich bin unter seinem Regiment gewesen, unter dem Hauptmann Wortenburgk.

Aus Val Camonica sind wir gezogen ins Veltlin, da ist der spanische König unser Feind gewesen. Wie nun Graf Oppenheim angekommen ist, hat er uns mit Kanonen mächtig zugesetzt und uns aus dem Veltlin von unserm Posten vertrieben, daß wir haben müssen weichen bis nach Tirano. Denn wir sind bei Riva gelegen, das selbige Schloß haben wir wollen einnehmen. Es hat sich der Papst da rein gelegt und ist frisch traktiert worden.

In diesem Jahr 1625 sind wir abgedankt worden. Da sind unser 2 gewesen, mein Kamerad Christian Kresse aus Halle. Sind miteinander gezogen nach Como, nach Mailand, nach Pavia, nach Modena, nach Padua, nach Parma. Hier haben wir uns wieder anwerben lassen. Hier haben wir einen Lautenmacher angetroffen, ein guter Deutscher, hat uns manchen guten Trunk bezahlt. Daneben hat derselbige mir Arbeit zuwegegebracht. Wenn ich von der Wacht gekommen bin, habe ich Handwerksarbeit gemacht, habe hübsch Geld verdient.

Hier sind wir 12 Monate gelegen. Von da aus sind wir mit unserer Kompanie gezogen nach Piacenza, gehört auch dem Herzog von Parma zu, auch eine treffliche schöne Stadt. In diesem Land werden die Parmesan-Käse gemacht. Hier gewesen 6 Monate, da sind wir abgedankt worden. Da haben wir uns wieder zurückbegeben nach Modena, nach Bologna, nach Pavia, ein überaus schönes Land.

Ich muß etwas hier melden, wie diese Land bebaut wird. Erstlich sind Äcker, 6 Klafter breit, danach 2 Klafter frei, wo Gras wachsen tut. Mitten auf dem Grasboden stehen die Seidenbäume, also Maulbeerbäume. Unter den Bäumen ist Wein gepflanzt, mit Stangen ein Geländer gemacht, auf beiden Seiten. Daran wächst der Wein hoch, / durch ganz Italien neben dem Weg und auf beiden Seiten des Weges mit tiefen Gräben versehen, über die an etlichen Örtern Brücken gemacht sind. Wenn der Reis gesät wird, nach dem Säen, läßt man den Acker voll Wasser laufen, so daß er ganz bedeckt ist, als wenn er ein Weiher wäre, und läßt es so stehen und wachsen. Pomeranzen, Feigen, Zitronen, Limonen, Mandeln, wächst alles in diesem Land, ein liebliches Land. Zwei Monate ist es ein wenig kalt und tut Schnee liegen, sobald aber die Sonne baumhoch kommt, ist der Schnee geschmolzen. So ist Kornbau, Weinwachs, Holz, Wiesenwachs alles beieinander, denn von den Maulbeerbäumen machen sie zur Herbstzeit ihr Holz, hauen die Äste ab, machen Bundholz, verkaufen 24 Pfund für einen Groschen, das tut so viel wie bei uns zwei Kreuzer.

Von Pavia nach Mailand, ein schöner Weg, schnureben. Von Mailand nach Como. Mailand ist eine schöne Stadt. Die Festung liegt vor der Stadt, schnurgerade, überaus befestigt. Hier haben wir gebettelt, denn unser Geld war fort. Von Como nach Bellinzona, denn dieses Land gehört alles dem spanischen König zu, nämlich Pavia, Mailand, Como.

Bellinzona ist die erste Stadt im Schweizer Land und hier endet Italien. Aber alles ist welsch, und heben sich die Berge wieder an. Der selbige Berg, wo man über muß, wird der Gotthard genannt. Dauert auch einen ganzen Tag, über zu gehen. Mitten auf dem Berg stehen eine Kapelle und ein Wirtshaus, denn wenn einer oben stirbt oder tut erfrieren – denn es ist Winter und Sommer eine grausame Kälte und viel Schnee auf dem Berg –, so wirft man ihn in die Kapelle. Im Wirtshaus aber gibt man bedürftigen Leuten ein Stück Brot und ein halbes Maß Wein und läßt sie gehen oder behält sie über Nacht, wenn sie nicht fort können. Denn sobald sich einer auf diesen Berg setzen tut, ist er alsbald des Todes.

Zu Mittag sind wir zum Wirtshaus gekommen. Ist schönes, helles Wetter gewesen, haben unser Brot gegessen und was man uns gegeben hat. Wir sind alsbald wieder fort. Da ist solches Unwetter gekommen, daß keiner den andern gesehen hat. So bin ich vornean gegangen, alles bergunter, bis zu einer Brücke, die heißt man die Teufelsbrücke. Die geht von einem Berg zum andern, und unter der Brücke läuft Wasser, fällt von einem Felsen auf den andern und ist kirchturmshoch hinunter. Wenn einer einmal fällt, so ist er hin, und wenn er tausend Menschen wert wäre. So habe ich meinen Kamerad verloren, weiß auch noch nicht, wo er hingekommen ist.

Unter dem Berg liegt ein Dorf, heißt Andermatt. Darauf nach Altdorf mit der Linde. Da bin ich auf ein Schiff gegangen und über den See gefahren. Hier ist die Kapelle noch zu sehen, wo Wilhelm Tell ist rausgesprungen, wo die Schweizer ihre Freiheit von her haben.

Wie wir über sind mit gutem Glück, bin ich nach Brugg. Hier ist alles wieder deutsch. Nach Königsfelden, ein schönes Kloster, darauf nach Schaffhausen. Zu Schaffhausen habe ich so viel erbettelt, daß ich habe wollen Schuhe kaufen, aber ich bin in das Wirtshaus vorgegangen. Da ist der Wein so gut gewesen, daß ich die Schuhe vergessen habe. Habe die Schuhe mit Weiden gebunden und / bin gelaufen bis nach Ulm an der Donau.

In diesem Jahr 1627 im April den 3. habe ich mich unter das Pappenheimsche Regiment zu Ulm lassen anwerben als einen Gefreiten, denn ich bin ganz abgerissen gewesen. Von da aus sind wir auf den Musterplatz gezogen, in die Obermarkgrafschaft Baden. Dort in Quartier gelegen, gefressen und gesoffen, daß es gut heißt.

Acht Tage nach Pfingsten, auf die heilige Dreifaltigkeit, habe ich mich mit der ehrentugendsamen Anna Stadlerin von Traunstein aus dem Bayernland verheiratet und Hochzeit gehalten.

Auf den Tag Sankt Johannes sind unsere Fähnlein an die Stange geschlagen worden, zu Rheinbischofsheim. Hier sind wir mit dem ganzen Regiment auf Schiffe gegangen und gefahren bis nach Oppenheim, da sind wir ausgestiegen. Unterwegs aber ist ein Schiff aufgefahren, daß es in Stücke gegangen ist, so sind etliche ersoffen.

Von Oppenheim nach Frankfurt, durch die Wetterau und Westfalen durch und nach Wolfenbüttel im Braunschweiger Land. Das haben wir belagert und Schanzen davor gebaut und der Stadt heftig zugesetzt mit Wasserstauen und Bauen, so daß sie sich haben müssen ergeben. Hier ist mir mein Weib krank gewesen die ganze Belagerung, denn wir sind 18 Wochen davor gelegen. Am Heiligen Christabend sind sie abgezogen im Jahr 1627, aber meistenteils haben sie sich lassen anwerben.

Da sind an die 200 Mann aus der Altmark gekommen, um die Kranken und Verwundeten zu fahren. Da habe ich mein Weib auch aufgesetzt. Da sind wir in die Altmark gezogen. Unser Hauptquartier ist gewesen zu Gardelegen. Unser Hauptmann Hans Heinrich Kelman / ist mit seiner Kompanie gelegen zu Salzwedel.

Hier bin ich krank geworden und das Weib wieder gesund. Bin gelegen 3 Wochen. 4 Wochen nach meiner Krankheit hat man uns kommandiert nach Stade, unterhalb von Hamburg. So bin ich mit kommandiert worden.

Damals ist mein Weib niedergekommen, aber das Kind ist noch nicht geburtsreif gewesen sondern alsbald gestorben. Gott gebe ihm eine fröhliche Auferstehung. Ist ein junger Sohn gewesen.

Vor Stad sind wir gelegen. Am Karfreitag haben wir Brot und Fleisch genug gehabt, und am heiligen Ostertag haben wir kein Mund voll Brot haben können. Wie sie nun abgezogen sind im Jahr 1628 / sind wir wieder in unserem Quartier stillgelegen den Sommer.

Danach sind wir mit unserer Kompanie nach Stendal gezogen, auch gutes Quartier gehabt. Im Jahr 1629 hat Oberstleutnant Gonzaga, Fürst von Mantua, 2000 Mann genommen von dem Regiment, denn das Regiment ist 3500 Mann stark gewesen, und ist nach Pommern gezogen, und haben uns gelagert vor Stralsund. Aber sie hätten uns bald den Weg gewiesen, wenn wir noch einen Tag wären geblieben. Die Bagage ist im Quartier verblieben.

Dieses mal, während ich bin weg gewesen, ist meine Frau wieder mit einer jungen Tochter erfreut worden. Ist auch in meiner Abwesenheit getauft worden, Anna Maria. Ist auch gestorben, während ich weg gewesen bin. Gott verleihe ihr eine fröhliche Auferstehung.

Von Stralsund sind wir alle das Wasser hinauf, welches die Swine genannt wird, über das Wasser mit 2 Schiffen und in das Gebiet der Kaschuben, gar ein wildes Land, aber treffliche Viehzucht von allerlei Vieh.

Hier haben wir kein Rindfleisch mehr wollen essen, sondern es haben müssen Gänse, Enten oder Hühner sein. Wo wir über Nacht gelegen sind, hat der Wirt müssen einem jedweden einen halben Taler geben, aber im Guten, weil wir mit ihm zufrieden sind / gewesen und haben ihm sein Vieh in Frieden gelassen.

So sind wir mit den 2000 Mann hin und her gezogen, alle Tage ein frisches Quartier, 7 Wochen lang. Bei Neustettin sind wir 2 Tage stillgelegen. Hier haben sich die Offiziere mit Kühen, Pferden, Schafen wohl versehen, denn es gab vollauf von allem.

Von da aus nach Spandau, ein mächtiger Paß, da hat man gleichzeitig nicht mehr als eine Kompanie durchgelassen. Wie wir nun wieder in die Mark, in unser Quartier gekommen sind, bald danach in diesem Jahr 1629 sind wir mit dem ganzen Regiment aufgebrochen und gezogen in die Wetterau.

Zu Wiesbaden, unterhalb von Frankfurt ist unser Hauptquartier gewesen, von Graf Pappenheim. Unser Hauptmann, mit der Kompanie, ist gelegen auf dem Vogelsberg. In Lauterbach ist der Hauptmann gelegen, die Kompanie auf dem Land. Hier haben wir wieder gutes Quartier gehabt, 20 Wochen lang.

Hier ist meine Frau wieder mit einer jungen Tochter verehrt worden, ist getauft worden Elisabet.

Nach 20 Wochen sind wir aufgebrochen und gezogen nach Westfalen. Unser Quartier ist gewesen in Lippstadt, den Winter sind wir darin gelegen. In diesem Land sind große, starke Leute, Manns- und Weibspersonen, und ein fruchtbares Land und viel Viehzucht. Auf dem Lande sind fast nur Einzelgehöfte, sie haben ihren Feldbau, Holz, Wiesenwachs, alles bei dem Hause.

In Lippstadt gibt es gutes altes Bier und auch böse Leute. Ich habe ihrer 7 verbrennen gesehen. Darunter ist sogar ein schönes Mädelein gewesen von 18 Jahren, aber sie ist doch verbrannt worden.

In diesem Land tut man Brote backen, die so groß sind wie ein großer Schleifstein, viereckig. Das Brot muß 24 Stunden im Ofen stehen. Man nennt es Pumpernickel. Ist aber gutes und schmackhaftes Brot, ganz schwarz.

Im Jahr 1630 sind wir hier aufgebrochen und gezogen nach Paderborn. Lippstadt liegt am schiffreichen Wasser, die Lippe genannt. Von Paderborn nach Niedermarsberg, liegt auf einem hohen Berg. Nach Goslar im Harz und nach Magdeburg.

Haben uns verlegt auf Dörfer und die Stadt blockiert, den ganzen Winter stillgelegen auf Dörfern, bis zum Frühling im Jahr 1631. Da haben wir etliche Schanzen eingenommen im Wald vor Magdeburg. Da ist unser Hauptmann vor einer Schanze, neben vielen anderen, totgeschossen worden. An einem Tag haben wir 7 Schanzen eingenommen. Danach sind wir dicht davorgezogen, haben mit Schanzen und Laufgräben alles zugebaut, doch hat es viel Leute gekostet.

Den 22. März ist uns Johan Galgort als Hauptmann vorgestellt worden, den 28. April ist er im Laufgraben wieder totgeschossen worden. Den 6. Mai ist uns Tilge Neuberg wieder vorgestellt worden. Der hat 10 Tage unsere Kompanie gehabt, danach hat er resigniert.

Den 20. Mai haben wir mit Ernst angesetzt und gestürmt und auch erobert. Da bin ich mit stürmender Hand ohne allen Schaden in die Stadt gekommen. Aber in der Stadt, am Neustädter Tor, bin ich 2 mal durch den Leib geschossen worden, das ist meine Beute gewesen.

Dieses ist geschehen den 20. Mai im Jahr 1631 frühmorgens um 9 Uhr.

Nachher bin ich in das Lager geführt worden, verbunden, denn einmal bin ich durch den Bauch, vorne durchgeschossen worden, zum andern durch beide Achseln, so daß die Kugel ist in dem Hemd gelegen. Also hat mir der Feldscher die Hände auf den Rücken gebunden, damit er hat können den Meißel einbringen. So bin ich in meine Hütte gebracht worden, halbtot.

Ist mir doch von Herzen leid gewesen, daß die Stadt so schrecklich gebrannt hat, wegen der schönen Stadt und weil es meines Vaterlandes ist.

Wie ich nun verbunden bin, ist mein Weib in die Stadt gegangen, obwohl sie überall gebrannt hat, und hat wollen ein Kissen holen und Tücher zum Verbinden und worauf ich liegen könnte. So habe ich auch das kranke Kind bei mir liegen gehabt. Ist nun das Geschrei ins Lager gekommen, die Häuser fallen alle übereinander, so daß viele Soldaten und Weiber, welche mausen wollen, darin müssen bleiben. So hat mich das Weib mehr bekümmert, wegen des kranken Kindes, als mein Schaden. Doch hat sie Gott behütet. Sie kommt nach anderthalb Stunden gezogen mit einer alten Frau aus der Stadt. Die hat sie mit sich hinausgeführt, ist eines Seglers Weib gewesen und hat ihr helfen tragen Bettgewand. So hat sie mir auch gebracht eine große Kanne von 4 Maß mit Wein und hat außerdem auch 2 silberne Gürtel gefunden und Kleider, so daß ich dafür 12 Taler eingelöst habe zu Halberstadt. Am Abend sind nun meine Gefährten gekommen, hat mir ein jeder etwas verehrt, einen Taler oder halben Taler.

Den 24. Mai ist uns Johan Philipp Schütz vorgestellt worden. Ich samt allen Geschädigten sind nach Halberstadt geführt worden. Da sind wir auf Dörfer gelegt worden. Da sind von unserem Regiment 300 in einem Dorf gelegen und sind alle wieder geheilt.

Hier habe ich einen gar guten Wirt bekommen, hat mir kein Rindfleisch gegeben, sondern lauter Kalbfleisch, junge Tauben, Hühner und Vögel. So bin ich nach 7 Wochen wieder frisch und gesund gewesen.

Weiter ist mir hier mein Töchterlein gestorben, Elisabet. Gott verleihe ihr eine fröhliche Auferstehung.

Nach 7 Wochen hat man uns wieder abgeholt zu der Armee. Während die schwedische Armee ankommt bei Havelberg, sind wir nach Tangermünde und nach Werben an der Elbe. Hier hat sich die schwedische Armee verschanzt. Ist eine so grausame Hitze gewesen, daß ein Trunk Wasser dazumal teuer / war.

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Quelle: Jan Peters, Hrsg., Peter Hagendorf – Tagebuch eines Söldners aus dem Dreißigjährigen Krieg. Herrschaft und soziale Systeme in der Frühen Neuzeit 14. Göttingen: V & R unipress, 2012, S. 100–05. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung.

Johannes Burkhardt, Der Dreißigjährige Krieg. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1992.

Benigna von Krusenstjern und Hans Medick, Hrsg., Zwischen Alltag und Katastrophe. Der Dreißigjährige Krieg aus der Nähe. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 2001.

Markus Meumann und Dirk Niefanger, Hrsg., Ein Schauplatz herber Angst. Wahrnehmung und Darstellung von Gewalt im 17. Jahrhundert. Göttingen: Wallstein, 1997.

Herfried Münkler, Der Dreißigjährige Krieg. Europäische Katastrophe, deutsches Trauma 1618–1648. Berlin: Rowohlt, 2017.

Georg Schmidt, Der Dreißigjährige Krieg. 6. Auflage. München: C. H. Beck Verlag, 2003.

Peter H. Wilson, Der Dreißigjährige Krieg – Eine europäische Tragödie. Aus dem Englischen von Thomas Bertram, Tobias Gabel und Michael Haupt. Darmstadt: Theiss, 2017.

Peter Hagendorf, Söldnertagebuch aus dem Dreißigjährigen Krieg (1625–1648), veröffentlicht in: German History Intersections, <https://germanhistory-intersections.org/de/deutschsein/ghis:document-294> [29.11.2023].