Der teutsche Tabacktrincker (1630)

Kurzbeschreibung

Der Text und die Grafik auf diesem Einblattdruck aus dem Jahre 1630 wenden sich an das deutsche Lesepublikum. Erklärt und gewarnt wird vor dem Konsum von Tabak. Rauchen, das damals noch als „Tabaktrinken“ bezeichnet wurde, war damals in Deutschland eine Neuheit, die im Zusammenhang mit dem Dreißigjährigen Krieg Verbreitung fand. Eine Transkription des Gedichts folgt unterhalb des Bildes.

Quelle

Der teutsche Tabacktrincker

Mein lieber Teutscher kom̅ herbey /
Schaw an / liß / vnd betracht das new
Allamodische Affenspil /
So man jetzt übt ohn maß vnd zil /
Daß gar ihr vil wollen Taback
Bey sich tragen im̅ Hosensack /
Zu machen einen Dunst vnd Rauch /
In Wein / ja in Bierhäusern auch /
Und schutzen sich selber darbey /
Als ob es ein grosse Kunst sey /
So doch mannicher Biderman /
Ein groß mißfallen hat daran.
Aber der närrisch Taback trinckt /
Ist deren sachen kein Bedenckt /
Sondern pflanzt fort sein newen Pracht /
Und sich anderer Leüt nicht acht /
Kan aber doch sein Hasenhirn /
Mit dem Taback nicht rein curirn /
Sondern braucht seinen Tabacksdunst /
Andern zur bschwerd / vnd ihm umbsunst
Obwolen ich von meiner Jugend /
Deß Tabacks würckung / krafft vn tugent
Niemalen thete approbiern /
Laß ich doch den für gut passiern /
Doch denen die insonderheit /
Den brauchen zur gelegnen Zeit /
So will ich auch in meim Gedicht /
All die gantz gemeint haben nicht /
Welliche in den Landen sich
Da man den Taback trinckt gmeingklich /
Liessen sehen ganzt vngespart /
Und daran gwehnt / wegen Landsart.
Dise als dapffre Cavalier,
Ich selbst hierinnen defendier,
Und ist desto grösser der spott /
Daß ihr viel von der Hasen Rott /
Tabac z’trincken sich vnderstehn /
Die nie kein frembden Hund gesehn /
Selbige nach Natur der Affn /
Machn ihnen selber stets zu schaffn /
Dann was sie heut gesehen habn /
Morgen sich selbst darmit begabn /
I ihrem hoffärtigen Hertzn /
Und Hasenhiren ohne schertzn /
In Kleidern / Sitten vnd Geberdn /
Dises red ich ohn all beschwerdn /
Ist ein pur lautere Hoffart /
Und recht Allamodische art.
Mancher jetzt Taback trincken thut /
Auß lauterm Pracht vnd Ubermut /
Hat doch kaum so vil Gelts bey sich /
Darmit er auch den Wirth ehrlich /
Umb sein gebürends contentier,
Ey das ist mir ein schöne Zier.
Du armer Tropff / laß von deim Pralln /
Der Wirth hat warlich selbs mißfalln /
Ab disem Lappenwerck / glaub mir /
Er sichts vil lieber / wann du dir
Offt lasst ein frische Maß einschenckn /
Als wann du thust den Taback trinckn /
Verlegst ihm nur darmit das Hauß /
Treibst noch manchen darzu hinauß /
Der sonst noch etwan ein Stündlein /
Thät vmb das Seinig lustig seyn.
Das ist dem Wirth dann auch ein schad /
Vernim̅s vnd mercks / du grober Flad.
Mannicher ist frisch vnd gesund /
Trinckt Taback / kompt ihm in den Schlund /
Macht ihn vnlustig / vnd sehr matt /
Ich sag / daß ihn nichts anders hat
Darzu gebracht / als Ubermut /
Darauff Morgens erfolgen thut /
Daß ihm sein Kopff ist aller schwer /
Villeicht der Beuttel ring vnd leer /
Daß er nirgnd nichts mehr kan ergreiffn /
Als nur sein arme Tabackspfeiffn /
I seim gepichten Hosensack.
Ja man thut jetzund den Taback /
Under der Handwerckspursch so gmein
I Bierhäusern saugen hinein /
Und ich rath / daß der minder theil
Weiß / zu was nutzen oder heyl.
So ists ja nichts als Hochmut toll.
Mannicher Rülp vnd grober Knoll /
Saugt Taback / daß ihm widersteht /
Mit demselben es schlecht hergeht /
Weil er mit spott vom Tisch muß trappn /
Mit dem Kopff hin vnd her thut knappn /
Fangt alßbald an den Halß außstreckn /
Mit Reverentz den Cuntzen weckn /
Und was er Tabackisch thet sauffen /
Thut jetzt Calappisch von ihm lauffn /
Als junge Märrlein / Muggen / Grilln /
Eselsköpff / Hasenköpff vnd Prilln.
Ach wie ist dann der Tropff so kranck /
Das kombt ihm alls von Tabacks gstanck /
Wie steigt ihm auff die Narren Muttr /
Laufft bald vnd holt ihm Hasen Futtr /
Bringet auch mit das Hertz vom Hasn /
Ach / ach / haltet ihm für sein Rasn /
Sein Tabacks pippen / ob er möcht
Dardurch widerkommen zu recht /
Oder gebts ihm nur gar in Mund /
Dann der Taback ist gwaltig gsund.
Ach wie thtu ihm das Ding so ahnd /
Dann weil er nie gweßt in Holland /
Daß er den Taback nach gebür /
Wie andre dapffer Cavalier /
Die frembde Land theten durchreisn /
Darumb sie dann seind hoch zu preisn /
Nett lernen trinckn / das ihm thet taugn /
Soll er an einr Kühdutten saugn.

Author.
Ihr Tabacktrincker allgemein /
Welche beym Bier oder beym Wein /
Einander Taback trincken lehrn /
Den Wirt sampt andre Gäst beschwern /
Wann einer wär vnder euch alln /
Dem mein Gedicht nicht thät gefalln /
Und ließ ihm etwan traumen / daß
Er auch vor andern wär etwas /
Der denck auch sein mit bscheidenheit /
Daß andere auch seyen Leüt /
Und wann er ihm selber die Büß
Aufflegt / daß er je Taback muß
Trincken / so gehe er hinauß /
Es ist doch selten ein Wirthshauß /
Das nicht mehr Gmach hette als ein /
Da er sein Gravitet allein
Köndt mit ihm selbst gar fein agiern.
Ja wo blieb aber sein praviern?
Wie er vormennigklich mit preiß /
Köndt die recht schutzerisch weiß:
Vermeint also auff sein Manier /
Jeder halt ihn für ein Monsier /
Denckt ihm doch der Verständig gut /
Wie sich der Lapp selbs äffen thut.
Etlich wollen die Sach beschönen /
Taback trincken sey gsund all denen /
Welche da stets befinden sich
Im̅ Haupt mit Feuchtigkeit schwerlich.
Mein lieber Tabacktrincker / mir
Kompt die Sach eben seltzam für /
Daß man beym Bier oder beym Wein /
Da man nichts soll dann lustig seyn /
Auch manchmal saufft vber vermögn /
Eben soll deß Leibs Gsundheit pflegn /
Und sobald du sauffst den Taback /
Daß desselben Würckung vnd Gschmack
Bey dir anfangt zu operiern /
Du gleich anfangst zu musiciern /
Nicht anderst / als ob man zumal
Wär bey den Krancken im Spital.
Wann dises ist löblich vnd schön /
So kanst für ein Hofmann bestehn /
Ja wo? Ich mein an solchen Ortn /
Wie jetzunder gemeldt ist wordn /
An welchen Tag vnd Nacht ohn zwang /
Solche Music hat den fortgang.
Was hat der Teutsch gehabt / eh man
Den Taback brachte auff die bahn /
Für Catharr / Flüß vnd Feuchtigkeit /
Deß Haupts / hat der Teutsch braucht vor zeit
Gewermets Mess / sampt kaltem Eisn /
Und thun glehrt Leüt die kunst noch preisn.
Mein lieber Tabacktrincker / ich
Rath dir noch jetzt / darzu trewlich /
Der Holländer ist baß dann du
Deß Tabacks gwohnet spat vnd fru /
Der braucht denselben bey der Schiffarth /
Von Jugend / nach Natur vnd Art.
Du aber brauchst den ohne zil /
Zu einem newen Wunderspil /
Auch zur Zeit vnd an Orten gar /
Da dirs nicht nutzet vmb ein Haar.
Das ist nicht löblich / thu verstahn /
Auch nicht nutzlich / drumb thu ablahn /
Sonderlich der gmein Handwercksmann /
Soll deß Tabacks gantz müssg gahn /
Weil er den je nicht trincken kan /
Biß mehr was news kompt auff die ban.

Augspurg / bey Mattheo Rhembold. 1630
Transkription: Elisabeth Mait

Quelle: Der teutsche Tabacktrincker, Einblattdruck (Kupferstich), Augsburg: Mattheo Rhembold, 1630. HAB Wolfenbüttel, Signatur: 38.2 Aug. 2°, vor fol 134; abgedruckt in Wolfgang Harms, Hrsg., Deutsche illustrierte Flugblätter des 16. und 17. Jahrhunderts. Band I (Wolfenbüttel Teil 1). Tübingen, 1985, S. 184–85.

Herzog August Bibliothek (HAB) Wolfenbüttel

Der teutsche Tabacktrincker (1630), veröffentlicht in: German History Intersections, <https://germanhistory-intersections.org/de/deutschsein/ghis:image-234> [24.10.2024].