Faschingsumzug in Schwabach: Enteignung inszenieren (1936)
Kurzbeschreibung
Ab 1933 führten Vereine oder Schulklassen regelmäßig in Faschingsumzügen auf, wie sie jüdische Deutsche vertrieben, enteigneten und entrechteten. Dieser Wagen aus Schwabach spielte 1936 unter dem spöttischen Titel „Firmenwechsel“ vor, dass die Geschäftsleute Moritz Rosenstein und David Bleicher im Jahr zuvor ihre Geschäfte verloren hatten. Das Kurz- Woll- und Galanteriewarengeschäft David Bleicher wurde am 31.05.1935 geschlossen. Moritz Rosenstein und sein Schwiegersohn Justin Gerstle betrieben ein Modewaren-, Aussteuerartikel-, und Konfektionswarengeschäft, das am 18.08.1935 geschlossen wurde. Die Aufschrift „David Bleichstein“ zog die Namen der Geschäftsleute zusammen, unterstellte somit eine einheitliche jüdische Identität, während die Kleidung Ostjuden oder arme Kleinhändler evozierte und kein deutsches Wirtschaftsbürgertum. Die Verfolgung so zu inszenieren, verstanden Mitglieder der Mehrheitsgesellschaft als Möglichkeit, ihrerseits als „Künstler-Soldaten“ aufzutreten, die Kunst und Kampf verschmelzen würden (s. „Auf der Suche nach einem Führer – Kunst und Krieg verschmelzen“).
Quelle
Quelle: Archiv Stadt Schwabach, Bild 000809B. Siehe auch: Klaus Hesse, Philipp Springer, Hrsg., Vor aller Augen. Fotodokumente des nationalsozialistischen Terrors in der Provinz. Essen: Klartext, 2002, S. 91.
© Archiv Stadt Schwabach
Weiterführende Inhalte
Alon Confino, A World without Jews. The Nazi Imagination from Persecution to Genocide. New Haven und London: Yale University Press, 2014.
Martina Kessel, Gewalt und Gelächter. “Deutschsein” 1914-1945. Stuttgart: Steiner, 2019.