Brief von Sebastian Schubach an den Bürgermeister Johann Jung und seine Freunde in Erbach am Rhein (1849)
Kurzbeschreibung
Dieser Brief eines deutschen Auswanderers nach Australien an seine Freunde in der alten Heimat im Weinbaugebiet Rheingau illustriert sowohl die Faszination mit der Landschaft und Natur Australiens als auch die Gründe, welche Menschen dazu veranlassten, Deutschland zu verlassen. Viele Deutsche fanden in Australien Arbeit in der noch jungen Weinindustrie, einige wurden sogar speziell hierfür aus dem Rheingau angeworben. Ob auch Sebastian Schubach angeworben wurde, ist nicht bekannt. Zahlenmäßig blieb die Auswanderung aus Deutschland nach Australien und Neuseeland weit hinter der in die USA zurück, nicht zuletzt, da die Überfahrt ungleich länger war.
Quelle
Liebe Eltern, liebe Brüder und Schwestern!
In Gott grüße ich Euch alle, grüßet mir alle gute Freunde, deutsche Mitbrüder, die Ihr von meinem Schreiben in Kenntniss setzt, und wünsche Euch, dass Ihr alle gesund wäret, wie ich jetzt noch mit meiner Familie bin.
Ich wohne jetzt in Australien, im 150 Grad östlicher Länge und im 35 Grade südlicher Breite, aber Gott der Erhalter und Lenker der ganzen Natur hat mich mit meiner Familie, glücklich und gesund hierher wandern lassen.
Den sechsten Dezember 1848 fuhren wir aus dem Hafen von London ab bis nach Gravesend, wo wir noch halt machten bis zum 9., da wurde noch frisches Fleisch und Brot auf das Schiff gebracht. […] Wir hatten 160 Seelen deutscher Auswanderer. […] Im ganzen Dezember hatten wir keinen schönen Tag, wo es nicht stürmisch war, in der Nacht vom 25. auf den 26. hatten wir den größten Sturm, jedoch ohne Gefahr. […]
Den 25. Abend passierten wir die Sonnenlinie, die Matrosen machten an diesem Abend ein Feuerwerk. […]
Am 1. Februar hatten wir mittags zwölf die Sonne gerade über unserem Kopf, so dass, wenn man einen Eimer auf das Verdeck stellte, es gar keinen Schatten machte, in der Sonnenlinie kommt nur die Sonne im Frühling und Herbst zum stehen.
Den 4. Februar wurden durch den Herrn Kapitän zehn junge Leute kopuliert, welche lauter Deutsche waren. Da war ein großer Freudentag auf dem Schiff, abends hielten wir Musik und Tanz. […]
Den 27. Abend, um 10 Uhr dreißig sah der Kapitän den ersten Leuchtturm in Australien am Anfang der Bass-Straße, den 30. nachmittags um ein Uhr sahen wir das erste Festland von Australien, welch ein unbeschreiblicher Jubel. Gegen drei Uhr sahen wir das Gebirge von Vandiemensland (Tasmania), bis abends hatten wir Bass-Straße passiert, wir hatten an diesem Tag helles Wetter und wir konnten sehr weit sehen. So fuhren wir dann mit leisem Wind bis zum 4. April nachmittags um halb zwei bis in den Hafen von Sydney, ungefähr zehn Minuten auf dem freien Wasser fiel der Anker. […]
Den 10. April sind wir in Sydney abgereist, wir hatten eine Landreise von 340 englischen Meilen zu machen. Sechs englische Meilen machen eine deutsche aus. Wir reisten die Straße von Sydney entlang und kamen durch die Städte Liverpool, Camden, Beria, Goulburn, Yass, Gundegai bis Keiamba, so wird unser Ort, wo wir wohnen, gesprochen, aber Kyamba geschrieben. […]
In diesem Land, wo noch tausend und tausende Morgen Land, die herrlichsten Lagen zu Weinbergen und Ackerland noch unangebaut daliegen, hat man noch Leute nötig, besonders Deutsche sind sehr geliebt, weil sie fleißig sind, man braucht aber nicht so zu arbeiten, wie man in Deutschland muss. Dieses wird gar nicht gefordert, da noch viel leichter zu leben ist.
Wilde Tiere hat man gar nicht hier, was dem Menschen gefährlich ist, es halten sich in den Bäumen eine Art Marder auf, sie heißen Opossum, dann eine Art Reh, sie heißen Känguru.
[…]
Wir wohnen bis jetzt in einem Hofhaus, bis wir uns neue Häuser gebaut haben. […]
Es wachsen alle Sorten Pflanzen, Blumen und Bäume, schöner und herrlicher, als man sie in Deutschland mit großer Mühe hat. Der Weinstock wächst viel schneller, als bei Euch. […]
Brüder und Schwestern und alle guten Freunde, hier in diesem Lande ist noch leicht und frei zu leben, da weiss man nichts von Steuer und Zehntenablöse zu zahlen. Es kommt auch keine Polizei und fordert die rückständige Ackerpacht. Hier kann man die Freiheit genießen, die uns in Deutschland versprochen worden ist. Ich danke Gott Tag und täglich, dass ich mit meiner Familie hier bin, es ist freilich eine weite Reise, aber es ist mir jetzt wie ein Traum, mir kommt es gar nicht vor, als seien wir 8 000 Stunden voneinander entfernt, hier ist noch ein junges Land, da sind noch nicht viele Sünden begangen worden, da ist Frieden und Eintracht unter den Menschen.
Lieber Bruder Heinrich, wenn du meinen Brief erhalten hast, so unterlasse nicht, mir gleich wieder zu schreiben. […] Die Gnade und der Friede Gottes sei mit uns Allen. Amen.
Sebastian Schubach.
Maria Eva Schubach.
Ich grüße euch alle vielmal.
Quelle: Brief von Sebastian Schubach an den Bürgermeister Johann Jung und seine Freunde in Erbach am Rhein (1849). Online verfügbar unter: http://www.germanaustralia.com/d/primary/schubach.htm