Georg Heinrich Goetze über verfolgte Pastoren (1714)

Kurzbeschreibung

Der lutherische Theologe Georg Heinrich Goetze (1667-1728) veröffentlichte 1714 sein Dypticha Exulum, oder Register der Exulanten, um an die Pastoren zu erinnern, welche vor der Verfolgung in der Habsburgermonarchie geflohen waren. Das Register beschreibt die Lebensgeschichte und die Geschichte der Vertreibung, wobei jede Geschichte im Register einen glücklichen Ausgang nimmt. Exemplarisch ist hier die Geschichte des Pastors Adam Büthner zu lesen. Die verfolgten Pastoren werden von Goetze als von Gott geleitet präsentiert, dessen Führung sie in lutherische Lande und somit in Sicherheit führte. Die Erzählung wird abgeschlossen mit der Erfolgsgeschichte der Nachkommen des verfolgten Pastors, was zeigen soll, wie vorteilhaft die Aufnahme von Migranten – gemeint sind hier jene mit lutherischer Konfession – für das eigene Land ist.

Quelle

Dieser ist an unterschiedenen Orten ein Lehrer in dem Hause Gottes gewesen, hat aber auch einen betrübten Exulanten-Gang, nach dem Willen Gottes thun müssen: Anfangs war der Prediger der Deutschen und Böhmischen Gemeine zu Lefin in der Grafschaft Glatz. Aber daselbst hat er nicht ruhig lehren und leben können, wie denn sein hinterlassener Sohn, herr M. Fridericus Büthnerus, ein benahmter Mathematicus beym löblichen Gymnasio zu Danzig/und Rector der Johannis-Schulen, in demjenigen Lebens-Laufe/ den er sich selbst ausgesetzt, und welcher bey seiner Beerdigung A. 1701 abgelesen worden, folgender Bericht hievon erstattet: Weil die Reformation auch in diesen Oertern (nämlich Lefin und Orutsch/ als woselbst dieser gelehrte Mann und Danziger Professor, ist geboren worden, wie ich anderweits erzehlet) kommen/ und täglich die Leib- und Lebens-Gefahr von denen erbitterten Crabaten/Walonen/ und Spaniern anwuchse/ daß fast alle Tage meine Eltern in die Wälder/ Gebürge und Klüffte der Erden/ so wie sie gestanden und gegangen/ sich verbergen müssen. Auch ein Rath in Lesin meinen Vater nicht länger hausen und schützen dürffen, haben sie ihn von seinem Pfarr-Ampte mit einem herzbrechenden Testimonio licentieren müssen. Hierauf wurde er genöthiget, unter dem Obersten von Dohna in der Belagerung von Glatz sich vor einen Feld-Prediger im Schlesischen Regiment bestellen zu lassen, wie er denn, nach der Eroberung und Einäscherung der Stadt und Schlosses Glatz/ mit seinem Regiment Anno 1624 weiter nacher Ungarn gezogen. Im währenden March wurde er zur Freystadt in Ober-Schlesien im Herzogthum Teschen zur Pfarr und Superintendenten-Stelle beruffen, alleine er hatte auch daselbst wenig Ruhe, gestalt nicht nur die Kayserlichen, Mansfeldischen und Weymarischen Völcker wieder Bethlehem Gabor/ Ungarn und Siebenbürgen ihre Feldzüge gerichtet, dahero es öffters gewünschet, Gott wollte ihn einmal an einen Ort führen, da er einmahl sicher ausschlaffen können; Sondern es ergriff auch die Reformation Oesterreich und Schlesien, daß er auff ergangene Mandata sein Lehr-Ampt verlassen, und daß Wohnhaus bey Sonnenschein räumen müssen, worauff die Kirche verschlossen und versiegelt worden. Dieses ist geschehen Anno 1627 worauff er zu Dobreschlawitz bey dem herrn Freyherrn von Eygan sich auffgehalten, un ihr Hof-Prediger gewesen, biß er Anno 1629 nach Danzig kommen, und zum Prediger der Festung Weichselmünde ist bestellet worden. Hier gab ihm Gott Ruhe, biß er Anno 1643 zur ewigen Ruhe, die dem Volcke Gottes fürhanden ist, gelanget. Sein hinterlassener Sohn, der allbereit gemeldte Herr Prof. Büthner/ hatte sich nicht nur um die studierende Jugend in Danzig wohl verdient gemacht, auch verschiedene nützliche Schrifften hinterlassen, sondern auch ein hohes Alter erreichet, als er A. 1701 im 79sten Jahre das Zeitliche mit dem Ewigen verwechselt, dessen hinterbliebenen Kindern und Kindes-Kindern es iederzeit müsse wohl gehen, nach dem Symbolo des Herrn Vaters, so in seinem bey der Leichen-Predigt befindlichen Wapen zu lesen, dieses Innhalts: DER HERR SORGET FÜR MICH!

Quelle: Georg Heinrich Goetze, Dyticha Exulum, oder Exulanten Register. Altenburg 1714, S. 60-62. Online verfügbar unter, http://resolver.sub.uni-goettingen.de/purl?PPN625018133

Georg Heinrich Goetze über verfolgte Pastoren (1714), veröffentlicht in: German History Intersections, <https://germanhistory-intersections.org/de/migration/ghis:document-77> [12.12.2024].