Ankunft von Flüchtlingen aus Vietnam in Hannover (Dezember 1978)
Kurzbeschreibung
War die Bereitschaft einzelner westdeutscher Bürger und Politiker sowie der Bundesregierung, der humanitären Katastrophe in südostasiatischen Gewässern in den 1970-1980er Jahren durch die Aufnahme von Flüchtlingen entgegenzutreten, ein frühes Beispiel von „Willkommenskultur”?
Im Dezember 1978 werden die ersten „Boat People” aus Vietnam in Hannover vom Roten Kreuz begrüßt. Sie waren Deutschlands erste „Kontingentflüchtlinge” und leiteten somit einen neuen Abschnitt in der westdeutschen Geschichte der Asylpolitik ein. „Kontingentflüchtlinge“ erhalten eine sofortige Aufenthaltserlaubnis, ohne ein langwieriges Asylverfahren durchlaufen zu müssen.
Über 40.000 „Boat People” – sogenannt, weil sie Verfolgung und Unterdrückung in Vietnam über den Seeweg zu entkommen suchten – fanden in Westdeutschland ein neues Zuhause. In Folge des Vietnamkrieges verschärfte die vietnamesische Regierung ab 1975 Repressionen und Verfolgung von Minderheiten und politischen Gegnern. Besonders betroffen war die chinesische Minderheit („Hoa“), die im Zuge des eskalierenden Konflikts mit China von der Regierung systematisch verfolgt und vertrieben wurde. Daraufhin flohen hunderttausende von Menschen aus Vietnam, oft über das offene südchinesische Meer Richtung Malaysia, Indonesien und Thailand, wo sie auf maroden Frachtern oder in überfüllten Lagern untergebracht wurden. Nach Schätzungen der UNHCR starben mindestens 200.000 bis 400.000 Menschen auf der Flucht. Angesichts dieser dramatischen Lage entwickelte sich in der Bundesrepublik eine breite Hilfsbewegung. Der niedersächsische Ministerpräsident Ernst Albrecht entschloss sich, die ersten 1.000 Flüchtlinge in Niedersachsen aufzunehmen.
Das Leid der „Boat People” veranlasste nicht nur deutsche Regierungsstellen zu helfen: so charterten Rupert und Christel Neudeck mit prominenten Unterstützern wie Heinrich Böll 1979 den Frachter „Cap Anamur”, um direkt vor Ort Hilfe für Geflüchtete zu leisten. Auch vierzig Jahre später ertrinken Menschen auf der Flucht im Meer: allein seit 2014 haben zwischen 15.000 und 20.000 Menschen bei der Flucht über das Mittelmeer ihr Leben verloren.
Quelle
Quelle: Foto: Schilling/ picture-alliance/ dpa.
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