Johann Friedrich Blumenbach, „Beyläufig ein Wort über den Basalt“ (1790)

Kurzbeschreibung

Johann Friedrich Blumenbachs (1752–1840) kurze Texte offenbaren seine eigene Position innerhalb des Basaltstreits als Anhänger des Vulkanismus. Während die Neptunisten davon ausgingen, dass Gesteinsschichten durch Sedimentation aus Wasser entstanden, vertraten die sogenannten Vulkanisten oder Plutonisten die Auffassung, Feuer habe die Erde gestaltet. Hinter der Theorie der Neptunisten stand die biblische Erzählung einer Sintflut, die die Erde gestaltet habe. Zwischen den Vertretern beider Weltanschauungen entspann sich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine heftige Diskussion darüber, welche Kräfte nun hauptsächlich bei der Entstehung der Erde gewirkt hätten. Zum buchstäblichen Prüfstein innerhalb der Debatte wurde das Gestein Basalt. Während die Vulkanisten oder Plutonisten behaupteten, Basalt entstehe durch Erosion vulkanischer Magma, waren die Neptunisten der Meinung, das Gestein werde durch Sedimentation aus Wasser gebildet.

Anhand der Erklärung des Ursprungs von Basaltgestein wurde damit nicht nur ein Streit über die geologische Bildung eines Gesteins ausgetragen, sondern auch Theorien der Weltdeutung ausgehandelt. Wie in einem Brennglas zeigt sich im Basaltstreit der Wandel der Mineralogie und Geologie im ausgehenden 18. Jahrhundert. Obgleich die Sintflut- oder auch Diluvial-These im 19. Jahrhundert aufgegeben wurde, standen die Vulkanisten aufgrund mangelnder empirischer Belege keineswegs als Sieger des Streits schon im Vorfeld fest.

Quelle

Beyläufig ein Wort über den Basalt.

Ueber die neuerlich so sehr rege gewordene Streitfrage von der Entstehungsart des Basalts, läßt sich zwar vor der Hand noch nicht leicht ein entscheidender Aufschluß erwarten[1]. Inzwischen deucht mir, daß man bey der ganzen Untersuchung die cosmogenischen Data wovon im vorigen Abschnitt die Rede war, nie aus den Augen verlieren dürfe. Denn wenn der Basalt im Feuer entstanden ist, so geschah das nach aller Wahrscheinlichkeit eben bey dem gedachten allgemeinen Erdbrande; folglich ist er dann älter als die ganze nachherige Umschaffung unsers Planeten; und aller dieser Basalt ist dann zu gleicher Zeit entstanden, und er ist (wenigstens dem größten Theil nach) im Wasser selbst, ohne Zutritt der äusern Luft ausgeflossen und erhärtet.

Folglich wird es dann niemanden befremden, wenn er bey der Vergleichung des Basalts, (von einem solchen unermeßlichen Alter, und einer solchen Entstehungsart,) mit einer Lava die ein brennender Vulcan an die Luft strömt, manchen Unterschied bemerken sollte, – so wenig als es jemanden befremden wird zwischen Bernstein und frischen Baumharz Unterschied zu finden, da jenes vermutlich auch bey irgend einer gewaltsamen Erdrevolution und folglich unter sehr eignen mitwirkenden Umständen entstanden zu seyn scheint. Eher ist es zu bewundern, daß sich demohngeachtet noch so viele und große unerwartete Uebereinstimmung zwischen so vielen Basaltbergen, und den paar uns näher bekannten europäischen Vulcanen, so wie zwischen so manchem Basalt und manchen Laven zeigt. Denn wer Gelegenheit hat ansehnliche Sammlungen von beiden letztern zu untersuchen, dem kan die auffallende Aehnlichkeit zwischen vielen der derbern dichtern Laven und dem gewöhnlichen Basalt, so wie zwischen vielem bläsrichten Basalt und den gewöhnlichen frischen Laven in Rücksicht ihres Ansehens und ihres Gemenges nicht entgangen seyn. So besitze ich selbst mancherley sehr dichte wahre Laven vom Vesuv: und sehr bläsrichen wahren Basalt von unsern Dransberg; und unter den großen Geschenken womit der Hr. Baron von ASCH das academische Museum so unermüdet bereichert, finden sich in der Sammlung sogenannter vulcanischer Produkte, welche der berühmte und gelehrte Reisende Hr. D. REINEGGS vom Ararat und aus Erzerum mitgebracht, verschiedne derselben die wiederum gerade so viele Aehnlichkeit mit manchem Basalt als mit Laven haben; so wie auch glasartige Stücken die in Rücksicht des ganzen Ansehens, zwischen dem sogenannten Isländischen Achat und den gleichfalls unter den Aschischen Geschenken im Museum befindlichen vulcanischen Glas-Tropfen aus Kamtschatka völlig in der Mitte stehen.

So wenig man indeß, wie schon gesagt, vor der Hand auf eine vollkommne Entscheidung der Frage über die Entstehungsart des Basalts wird rechnen können, so natürlich ist es dennoch daß man in so einem noch unentschiedenen Falle bey Prüfung des pro und contra sich auf die eine oder die andere Seite geneigt fühlt; und so sind mir denn freylich bis jetzt die Gründe für die Entstehung des Basalts durch einen Erdbrand bey jener Totalrevolution unsrer Erde noch immer überwiegend. Ich kann darin irren, aber dann irre ich wenigstens (– wie der große EDM. HALLEY einmal bey einem ähnlichen cosmogenischen Problem sagt –) in sehr guter Gesellschaft.[2]

Anmerkungen

[1] Es gilt auch hier was CICERO sagt: „Sequimur probabilia nec ultra id quam quod verisimile occurrerit progredi possumus.“ und wie sehr wäre nur zu wünschen, daß manche der Verfechter der einen oder andern Meinung auch den gleich drauf folgenden Nachsatz immer befolgten: “et refellere sine pertinacia et refelli sine iracundia parati sumus.“
[2] „ – wherein, if I err,“ – sind seine Worte – „I shall find myself in very good Company. – “

Quelle: Johann Friedrich Blumenbach, „Beyläufig ein Wort über den Basalt“, Beyträge zur Naturgeschichte, Bd. 1, Göttingen 1790, S. 19–23. Online verfügbar unter: http://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_beytraege0101_1790/31

Emile Den Tex, „Clinchers of the Basalt Controversy: Empirical and Experimental Evidence“, Earth Sciences History 15, no. 1 (1996), S. 37–48.

Rachel Laudan, From Mineralogy to Geology. The Foundations of a Science, 16501830. Chicago: University of Chicago Press, 1987.

Johann Friedrich Blumenbach, „Beyläufig ein Wort über den Basalt“ (1790), veröffentlicht in: German History Intersections, <https://germanhistory-intersections.org/de/wissen-und-bildung/ghis:document-181> [01.12.2023].