Karte von Germania/ Teutschland (1572)

Kurzbeschreibung

Abraham Ortelius’ Deutschlandkarte aus seinem Theatrum Orbis Terrarum (1572) zeigt das Heilige Römische Reich mit den angrenzenden Ländern Frankreich, England, Dänemark, Preußen, Böhmen und Ungarn, die farblich abgegrenzt werden. Die Grenzübergänge sind leicht gelb schattiert, während Böhmen als das „Herz“ Europas symbolisch mit Bäumen und Gebirgen umrahmt ist. Innerhalb des Reiches sind Städte, Flüsse, Seen und die Gebirgskette der Alpen eingezeichnet. Der begleitende Text beschreibt, dass das Alte Reich geographisch solche Gebiete umfasst, in denen die deutsche Sprache gesprochen wird. Ein Sonderfall sei Böhmen, wo zwar kein Deutsch gesprochen werde, das aber nach geltendem Recht zum Reich gehöre. 

Quelle

Teutschlandt. [Auszug aus Seite 13]

In der Christenhait ist kain grosser noch weitstrecketer Landt vnter ainem namen dan Teutschlant begriffen: wessen praitte zwisschen den Alpen oder höhe der Italianischen berg jm Suden oder Meridiem, vnd das Teutsch oder Ostersch Meer jm Nort, oder Septentrional ist; die lenge stehet so aigentlichen nit zu beschreiben, vmb willen das es nit mit solchen namhaften gebirg oder wasser der nebenligenden lenderen geschieden wiert, vnnd ist derwegen von vilen vnnd menigerlay Schreiberen vnnd zeitten vnderschidlich abgetailt gewest. Unnd darumb so dunckt vns fur das best vnnd verstendigst, sollichs mitt seiner aigner sprach zu beschliessen: in mass, das wirs allet (so weit sich die Teutsche sprach erstreckt) Teutschlandt nennen sollen: vnd es sollen dise nachvolgende Lender darin begriffen sein, anfahend aufs dem Occident oder Nidergang der Sunnen neben dem Meer, biss in das Orient oder auffgang der Sunnen da es sich endet, vnnd von dannen vviderumb gegen dem Landt jm Occident oder Nidergang der Sunnen, vnd vvendend so offt biss das vvir neben dem gebirg zum end seind. Also das sich zum ersten Flanderen, dar nach Brabant, Selandt, Hollandt, Frieslandt, Denemarcken, Mechelenburg, Pomeren, Preussen, Alte vnd die Neuwe Marckh, Sachsen, Westphalen, Geller, Cleue, Eulich, das Bissschoffthumb von Collen, Hessen, Turingen, Meichsen, Lausnitz, Schlefi, Merhern, Behem, Franckenlandt, das Bischoffthumb von Mentz, Lutzenburg, das Bischoffthumb von Trier, das Pfaltzgrauen landt, Elsass, Wirtenberg, Schwaben, Bairlandt, Ostenreich, Steirmarckh, Kernten, Tirol, Schweitzerlandt erfindt, etc. Und wie wol das man in Behem kain Teutsch redt, dannoch so gezimmet es sich nach recht woll darvnder gezelet zu vverden, dan es rundtweiss in der Teutscher sprach ligt; vnd das der Kunig ainer der furnembsten Teutschen Hern darvon ist; nemblich, ainer von de liben Churfusten. Dise Teutsche sprach ist (geleich vvie Doctor Joannes Becanus bezeugt) die erste v eltest sprach, so in der vveldt geredt vvorden. Diss Landt wiert sehr mit dem Tittel des Römischen Reichs geehrt. Es ist ain sehr costlichs von allen sachen ain fruchtbars Landt, schiffreich vnd mit namhafften Flussen durchwässert, nemblich der Rein, die Elbe, vnd die Tonnaw, etc. welche die furnembste Fluss von Europa, vnd mitt grosser anzall von volckh vnd herlichen Stetten besetzt seind. Es ist kein Landt in Europa das von bergvverckh v von allerley ertz, als golt, silber, kupffer, eisen, zin, vnd bley, reicher dan dises ist. Ditz Landt gibt alle die Birnstein so man allenthalben hatt. Die Statt Nuremberg acht man fur das mittel, vnd das höhst dises Landts zu sein.

Die einvvöner seind durch aufs gross von gewächs oder gestalt, starckh von leicham, frum (vnd nit gleischnisch) von gemuth, kunstliche handtvvercks leuth, vvadurch das sy auch erfinder von vilen kunsten seind, als truckerey, geschutz, sonnenuhr oder vhrwerck, etc. Seind guete Kriegsleuth zu fuess v ross. Seind gast frey, vnd herbergen gern: vnangesehen das man jren gemainclichen das vviderspill nach redt; vnnd das man andere Nation von gastfreykeit lobt, beschicht (dunckht vns) so auch ohne rhuem vnd lob andere Lender gesehen han, mehr durch geltgaitzichkait, v hoffnung vmb von den frembden zu nutzen, dan vmb ainige andere sachen. Und vmb der halben dem rechten grundt nahe zu vrteillen, finden wir nach vnser mainung fur den frembden mehr hilff jm Teuschlandt dan anders vva. Aber gleich wie das kainer volmacht ist, so seind dise zu vil sehr zum trunckh genaigt; vnnd vvie vvoll das etliche andere Nationen ezeiten vnd vor alter darin vbertretten, als die Griechen: auch vnter den Römeren, etliche Historien von ain thail grossen volsaufferen seind, so vbertreffen v passieren die Teutschen dise aller; vvellichs jnen vvol zu gunnen vvere, das sie es vnterliessen; Aber die vveil das jnen der kopf davon vvehe thuet, vnnd vbel davon zu hailen seind, so wöllen wir auch durch mitleiden ditz pflästerle darauff legen, wellichs ist dises, das vnter allen zunamen so man vilen Nationem nach wirfft (so vvir hie nit begern zu erzelen, dan vnser thund nit zu schmehen ist) scheint dises vmb das es seinen sechsten am vvenigsten schaden zu gefugt, das geringst zu sein.

Quelle: Abraham Ortelius, Theatrum oder Schawplatz des erdbodems: warin die Landttafell der gantzen weldt, mit sambt aine der selben kurtze erklarung zu sehen ist. [S.l.]: Autor, 1572. Herzog August Bibliothek, Wolfenbüttel. Bilder 66 und 67 kombiniert und ausgeschnitten. Online verfügbar unter: http://diglib.hab.de/drucke/2-1-1-geogr-2f/start.htm?image=00066 and http://diglib.hab.de/drucke/2-1-1-geogr-2f/start.htm?image=00067

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Peter Meurer, „Abraham Ortelius’ Concept and Map of Germania“, in Marcel P. R. van den Broecke, Hrsg., Abraham Ortelius and the First Atlas: Essays Commemorating the Quadricentennial of his Death, 1598-1998. Utrecht: HES-Publ., 1998, S. 263-70.

Andreas Rutz, Die Beschreibung des Raums. Territoriale Grenzziehungen im Heiligen Römischen Reich (Norm und Struktur 47). Böhlau: Köln/Weimar/Wien, 2018.

Karte von Germania/ Teutschland (1572), veröffentlicht in: German History Intersections, <https://germanhistory-intersections.org/de/wissen-und-bildung/ghis:image-81> [24.10.2024].